Vertrag

Die Hauseigentümerin vermietete der Kläger durch Vertrag vom 2. 2. 1970 Gewerbe- und Wohnräume des genannten Anwesens zum Betrieb einer Gaststätte oder Schankwirtschaft. Durch Vereinbarung vom 21. 12. 1972, die als Unterpachtvertrag bezeichnet ist, überließ die Kläger die Gewerberäume an Frau R gegen die gleiche Vergütung, die im Vertrag vom 2.2. 1970 vereinbart ist. Am 29. 12. 1972 verbürgte sich der Beklagten schriftlich unter Verzicht auf die Einrede der Vorausklage, für die Erfüllung der Verbindlichkeiten der Pächterin aus dem Vertrag vom 21. 12. 1972 einzustehen. Die Pächterin ließ die Gaststätte durch V betreiben. Im Sommer 1974 vermietete die Kläger die Gaststätte anderweitig. Sie nimmt den Beklagten als Bürgen für die Verpflichtungen der Pächterin aus dem Vertrag vom 21. 12. 1972 in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen.

Das Oberlandesgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Es hat angenommen, der Vertrag vom 21. 12. 1972 verstoße gegen die guten Sitten und sei deshalb nach § 138 I BGB nichtig. Das Berufsgericht führt dann aus: In dem Vertrag vom 21. 12. 1972 seien 23 Bestimmungen enthalten, welche der Kläger Rechte zusprächen, auf die sie nach dispositivem Recht keinen Anspruch habe, und welche ihr Lasten abnähmen, die sie bei Geltung der gesetzlichen Regelung zu tragen habe. In 8 dieser Bestimmungen werde jeweils so tief in die persönliche Lebensführung und die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit der Pächterin eingegriffen, dass jede von ihnen schon für sich allein betrachtet bedenklich sei. Jedenfalls in ihrer Gesamtheit beschnitten die 23 beanstandeten Vertragsbedingungen die wirtschaftliche Bewegungs- und Entscheidungsfreiheit der Pächterin in einer solchen Masse, dass der Vertrag wegen Verstoßes gegen die, guten Sitten als nichtig anzusehen sei. Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand; die Revision der Kläger führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Die Möglichkeit, einengungsbedürftige Vertragsbestimmungen nach § 242 BGB auf einen zulässigen Inhalt zurückzuführen, steht der Annahme ihrer Nichtigkeit entgegen. Ebenso rechtfertigt im Allgemeinen die Nichtigkeit einer einzelnen zum Vertragsinhalt gewordenen Bestimmung allgemeiner Geschäftsbedingungen nicht die Annahme, dass der ganze Vertrag nichtig ist. Falls allerdings in einem Formularvertrag oder einem Vertrag, dessen wesentlicher Inhalt von allgemeinen Geschäftsbedingungen bestimmt ist, eine Vielzahl von Bestimmungen wegen Verstoßes gegen die guten Sitten unwirksam ist, so ist der ganze Vertrag nichtig; ein solcher Sachverhalt liegt hier aber nicht vor, weshalb dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei dem Unterpachtvertrag vom 21. 12. 1972 um einen Formularvertrag handelt.

Aus den Ausführungen des Berufsgericht ergibt sich, dass es dem Vertrag vom 21. 12. 1972 die Gültigkeit nicht versagt hätte, wenn es nicht angenommen hätte, gegen die Wirksamkeit der von ihm aufgeführten 8 Vertragsbestimmungen beständen Bedenken. Mit Recht macht die Revision aber geltend, dass keine dieser Bestimmungen gegen die guten Sitten verstößt.

In § 6 II des Vertrages ist vereinbart, dass der Verpächter den Vertrag mit sofortiger Wirkung kündigen darf, wenn die Gaststättenkonzession ganz oder teilweise nicht erteilt oder später zurückgenommen werden oder erlöschen sollte. Das Berufsgericht hält diese Bestimmung für bedenklich mit der Begründung, aus ihr könne lediglich der Verpächter Rechte ableiten, nicht aber die Pächterin, die sich auch nicht auf den Gesichtspunkt des Fehlens oder des Wegfalls der Geschäftsgrundlage berufen könne. Dem kann nicht zugestimmt werden. Weder in § 6 II noch sonst im Vertrag kommt der Wille der Vertragschließenden zum Ausdruck, die Pächterin sei nicht berechtigt, sich auf das Fehlen oder die Änderung der Geschäftsgrundlage zu berufen. Ebenso wenig ist das Recht der Pächterin zur Kündigung aus wichtigem Grund ausgeschlossen.

In § 6 III des Vertrages hat sich die Pächterin verpflichtet, ohne Einwilligung des Verpächters keine Rechtshandlungen vorzunehmen, die zu einer Verlegung, Beschränkung oder zum Erlöschen der Konzession führen könnten. Weiter hat sie sich verpflichtet, nicht auf, die Konzession zu verzichten. Das Berufsgericht hält diese Bestimmung für bedenklich mit der Begründung, die Pächterin habe sich durch sie zur Beibehaltung der Konzession verpflichtet und dadurch auf die Vertragsdauer an die Ausübung des Berufes eines Gastwirts gebunden. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme des Berufsgericht, der Pächter habe sich durch die genannte Vertragsbestimmung an die Ausübung des Berufes eines Gastwirts gebunden, richtig ist. Auch wenn sie zutreffen sollte, ist nicht einzusehen, was an einer solchen Bindung anstößig sein soll, nachdem die Pächterin den Vertrag ausdrücklich zum Betrieb einer Gastwirtschaft geschlossen hat und eine Unterverpachtung - zulässig - ausgeschlossen worden ist.

In § 9 I des Vertrages hat die Pächterin sich verpflichtet, den Gewerbebetrieb persönlich zu führen und ihm ihre ganze Arbeitskraft und ihr gesamtes Können zu widmen. Zugleich ist vereinbart, die Pächterin sei nicht berechtigt, zusätzlich noch ein anderes Geschäft zu betreiben oder eine andere berufliche Tätigkeit auszuüben. Das BerBer. erhebt Bedenken gegen diese Bestimmung, soweit durch sie der Pächterin der Betrieb eines anderen Gewerbes oder die Ausübung eines anderen Berufes untersagt ist. Ob diese Regelung an sich angemessen ist, brauchte der Senat nicht zu entscheiden. Das Berufsgericht hat nämlich, was die Revision mit Recht rügt, nicht beachtet, dass sie abbedungen worden ist. Nach dem Vorbringen beider Parteien ist die Gaststätte nämlich im Einverständnis der Vertragspartner von V bewirtschaftet worden.

In § 9 IV des Vertrages ist ausgeführt, der Aufsteller von Spielautomaten und Musikboxen könne von dem Verpächter bestimmt werden und die Aufstellung könne jederzeit - auch ohne Angabe von Gründen - untersagt werden. Das Berufsgericht sieht in dieser Regelung einen zu weit gehenden Eingriff in die wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Pächters. Es hat dabei übersehen, dass die genannte Vertragsbestimmung durch den Zusatz die Automatenaufstellung erfolgt ausschließlich durch die Hauseigentümerin, ersetzt worden ist und dass das ersichtlich deshalb geschehen ist, weil in § 14 des von der Kläger mit der Eigentümerin abgeschlossenen Vertrages vom 2. 2. 1970, der dem Berufsgericht vorlag, vereinbart ist, dass die Aufstellung von Automaten in den Gaststättenräumlichkeiten ausschließlich über den Vermieter erfolge und dass dieser sich verpflichte, den jeweiligen Unterpächter an den Einnahmen aus den Geldspielautomaten in. ortsüblicher Höhe zu beteiligen. Eine unangemessene Regelung ist unter diesen Umständen in der Bestimmung des § 9 IV des Vertrages nicht zu sehen.