Vertragsaufhebung

Haben Kaufleute in einem Individualvertrag vereinbart, Änderungen, Ergänzungen und die Aufhebung des Vertrages bedürften der Schriftform, der Verzicht auf dieses Formerfordernis könne ebenfalls nur schriftlich erklärt werden, so ist der Einwand, die Berufung auf die Formbedürftigkeit eines mündlichen Angebots zur Vertragsaufhebung sei treuwidrig und stelle deshalb eine unzulässige Rechtsausübung dar, grundsätzlich nur dann erheblich, wenn die Einhaltung der Schriftfort bewusst vereitelt worden ist.

Anmerkung: Die Parteien des entschiedenen Rechtsstreits hatten in dem von ihnen abgeschlossenen Mietvertrag folgende Vereinbarung getroffen:. Jede Änderung oder Ergänzung dieses Vertrages oder eine Vereinbarung über dessen Aufhebung bedarf, um Gültigkeit zu erlangen, der Schriftform. Auf das Formerfordernis kann nur durch eine schriftliche Erklärung verzichtet werden.

Zur Bedeutung, dieser Klausel gegenüber der Behauptung, mündlich sei unter Einräumung einer Annahmefrist die Vertragsaufhebung angeboten worden, hatte der BGH Gelegenheit, Stellung zu nehmen.

Der BGH hat zunächst unterstrichen, es werde an der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung festgehalten, dass bei Vereinbarung einer Schriftformklausel mit konstitutiver Wirkung mündliche Absprachen gleichwohl bindend sein könnten, und zwar dann, wenn die Parteien übereinstimmend die Maßgeblichkeit des mündlich Vereinbarten gewollt, die Schriftformklausel also insoweit außer Kraft gesetzt hätten. Dabei wird betont, dass bei der Feststellung eines solchen Parteiwillens besondere Zurückhaltung geboten sei, um den Zweck der Schriftformklausel, Klarheit über den Vertragsinhalt sicherzustellen, nicht völlig auszuhöhlen. Zu der im konkreten Falle vereinbarten - besonders strengen - Klausel hat der BGH sodann ausgeführt, sie habe ersichtlich den einzigen Zweck, die Aushöhlung der Schriftformvereinbarung durch Bindung der Vertragspartner an mündliche Erklärungen oder gar an schlüssiges Verhalten unmöglich zu machen. Rechtliche Bedenken gegen eine solche Regelung bestehen nach Meinung des BGH dann nicht, wenn sie von Kaufleuten in einem Individualvertrag getroffen wird. Die Vertragsfreiheit erlaube ihnen, ihre rechtsgeschäftlichen Beziehungen starr an bestimmte Formen zu binden. Für die hier getroffene Absprache, die Aufhebung der gewillkürten Schriftform solle ebenso wie ihre Begründung formbedürftig sein, lasse sich neben anderen Gesichtspunkten als gewichtiger Grund anführen, dass die Vertragschließenden erkennbar auf Sicherheit in ihren rechtsgeschäftlichen Beziehungen zueinander entscheidenden Wert gelegt hätten, wie sie durch die gewählte Formstrenge gewährleistet werde. Entschließen sich Kaufleute, heißt es dann wörtlich in dem Urteil, denen das Gesetz beider Abgabe bestimmter Willenserklärungen in stärkerem Maße Formfreiheit zugesteht als anderen Teilnehmern am privaten Rechtsverkehr, in dieser Hinsicht zu freiwilliger Bindung, weil der damit verbundene. Vorteil, immer Klarheit über den Inhalt von Verträgen zu haben, den Nachteil einer weniger großen Beweglichkeit im geschäftlichen Alltag aufwiegt, so verdient das gerade im Hinblick auf die Vertragsfreiheit strikte Beachtung.

Abschließend wird in dem Urteil ausgeführt, dass auch gegenüber vereinbarter äußerster Formstrenge der allgemeine Arglisteinwand durchgreifen könne. Wann dies der Fall sei, hänge vom Zweck der Formvorschrift und der Bedeutung ab, die ihr die Vertragschließenden beigelegt hätten.. Hätten sich Kaufleute in einem Individualvertrag in der Weise an die Schriftform gebunden wie im entschiedenen Falle, so könne grundsätzlich nur die bewusste. Vereitelung der Formwahrung den Arglisteinwand rechtfertigen.