Vertretungskörperschaft

Nach §8 Abs.4 Satz 1 ist für den vorzeitigen Bebauungsplan neben dem Vorliegen dringender Gründe weiter erforderlich, dass er der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung nicht entgegenstehen wird. Maßgebend sind neben übergeordneten Planungsvorgaben insbesondere die städtebaulichen Absichten der Gemeinde für das gesamte Gemeindegebiet, soweit sie in Beschlüssen der Vertretungskörperschaft ihren Ausdruck gefunden haben. Entwürfe der Verwaltung reichen nicht aus.

Entgegenstehen können z.B.:

- Ziele der Raumordnung und Landesplanung;

- bereits verbindlich festgestellte Fachplanungen, soweit sie Zwangspunkte für die Bauleitplanung setzen;

- eine beschlossene Entwicklungsplanung der Gemeinde i. S. des früheren §1 Abs. 5 BBauG 1976;

- ein beschlossener Entwurf eines Flächennutzungsplans;

- ein von der Gemeindevertretung beschlossener städtebaulicher Rahmenplan oder eine sonstige informelle Planung;

- die Vorprägung durch Festsetzungen in bereits vorhandenen Bebauungsplänen in der Nachbarschaft;

- sonstige Zwangspunkte für die Bebauungsplanung.

Befindet sich ein Flächennutzungsplan in der Aufstellung, so darf der vorzeitige Bebauungsplan den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht widersprechen.

Anforderungen an die Begründung des vorzeitigen Bebauungsplans - Der Gemeinde muss bewusst sein, dass ein vorzeitiger Bebauungsplan aufgestellt wird. Es ist insbesondere für die Abwägung von Bedeutung, ob die Gemeinde durch einen Flächennutzungsplan gebunden ist oder ohne eine solche Vorgabe den Bebauungsplan inhaltlich frei beschließen kann. Nur in Kenntnis, dass ein vorzeitiger Bebauungsplan vorliegt, weiß sie, dass sie anstelle der sonst gebotenen Anzeige den nach §11 Abs. 1 erforderlichen Antrag auf Genehmigung des Bebauungsplans bei der zuständigen Aufsichtsbehörde stellen muss. Da in verschiedenen Ländern unterschiedliche Behörden für die aufsichtliche Prüfung im Genehmigungs- bzw. im Anzeigeverfahren zuständig sind, muss die Gemeinde auch deshalb wissen, ob ein vorzeitiger Bebauungsplan vorliegt. Die Prüfung im aufsichtlichen Verfahren ist gemäß §216 unabhängig von der Frage vorzunehmen, ob eine Verletzung von §8 Abs. 3 nach §214 Abs. 2 Nr. 1 beachtlich oder unbeachtlich ist. Die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Bebauungsplan sind von der Gemeinde sorgfältig zu prüfen und in der Begründung zum Bebauungsplan darzulegen, da nur so eine Prüfung im aufsichtlichen Genehmigungsverfahren nach §11 Abs. 1 möglich ist. Ausführungen allgemeiner Art reichen nicht aus. Die Prüfung im aufsichtlichen Verfahren erfolgt gemäß §216 unabhängig davon, ob eine Verletzung von §8 Abs. 3 nach §214 Abs. 2 Nr. 1 beachtlich oder unbeachtlich ist.

Verletzung des §8 Abs.4 Satz 1 - Wird der §8 Abs. 4 verletzt, so ist der betreffende Bebauungsplan fehlerhaft. Nach früherem Recht war Nichtigkeit die zwingende Folge. Erst die BBauG-Novelle 1979 beschränkte die Nichtigkeitsfolge, indem sie die Verletzung bestimmter Anforderungen an die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans für unbeachtlich erklärte. Nach §214 Abs. 2 Nr. 1 ist der Fehler unbeachtlich, wenn die Anforderungen an die in §8 Abs.4 bezeichnete dringenden Gründe für die Aufstellung eines vorzeitigen Bebauungsplans nicht richtig beurteilt worden sind. Das gilt aber nicht, wenn die Übereinstimmung mit der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung falsch beurteilt worden ist. Das Tatbestandsmerkmal nicht richtig beurteilt setzt nicht voraus, dass sich das für die Aufstellung des vorzeitigen Bebauungsplans zuständige Organ Gedanken über die Anwendung des §8 Abs. 4 gemacht hat. Auch das Fehlen jeglicher Erwägungen über das Vorliegen dringender Gründe ist ein Fall der nicht richtigen Beurteilung i. S. von §214 Abs.2 Nr.1. Auf ein Verschulden der Gemeinde bei der Nichterkennung von Fehlern kommt es nicht an. §214 Abs. 2 Nr.1 gilt nicht für die Prüfung des vorzeitigen Bebauungsplans im aufsichtlichen Verfahren. Ein Nachbar kann sich nicht darauf berufen, §8 Abs. 4 sei falsch angewendet worden.