Verzögerungsschaden

Auf den Verzögerungsschaden wegen verspäteter Fertigstellung einer Eigentumswohnung sind die Vorteile anzurechnen, die der geschädigte Käufer aus ersparten Zinsaufwendungen für die Kaufpreisfinanzierung und aus einer Steuerersparnis durch die erst mit Bezugsfertigkeit eintretende Beschränkung des Schuldzinsenabzuges erlangt.

Zum Sachverhalt: Die Kläger kauften von der Beklagten durch notariellen Vertrag vom 14. 4. 1978 eine noch zu errichtende Eigentumswohnung nebst Hobbyraum und zwei Tiefgaragenstellplätzen zum Preise von 592600 DM. Der Vertrag nahm auf eine Baubeschreibung in einer anderen notariellen Urkunde Bezug. Eine beigefügte inhaltsgleiche Baubeschreibung wurde nicht verlesen. Die Wohnung sollte vereinbarungsgemäß im Juli 1979 bezugsfertig sein. Diesen Termin hielt die Beklagten nicht ein. Die Kläger mahnten mit Schreiben vom 1. 8. 1979 und kündigten an, dass sie Ersatz des durch die verzögerte Fertigstellung entstehenden Schadens geltend machen würden. Am 13. 6. 1980 wurde ihnen die Wohnung und am 4. 7. 1980 der Hobbyraum übergeben. Mit der Klage haben die Kläger Schadensersatz wegen Verzuges in Höhe von 21 987,13 DM beansprucht, und zwar 18 900 DM für die vorübergehende Anmietung einer Ersatzwohnung, 1125,48 DM Lagerkosten für die Unterstellung von Möbeln und 1961,85 DM als Ersatz für Kreditbereitstellungszinsen. Ferner haben sie auf Feststellung geklagt, dass sie wegen Mängeln des Hobbyraumes zur Kaufpreisminderung in Höhe von 6000 DM berechtigt seien.

Das Landgericht hat dem Zahlungsanspruch bis auf einen Teil der Zinsen stattgegeben und den Feststellungsantrag abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beklagten nur zur Zahlung von 14214,68 DM verurteilt. Die - zugelassene - Revision der Beklagten hatte teilweise Erfolg.

Aus den Gründen: Zutreffend geht das Berufsgericht davon aus, dass die Beklagten mit der Übergabe der Eigentumswohnung in Verzug geraten ist und deshalb für den Verzögerungsschaden der Kläger haftet.

Der Kaufvertrag vom 14. 4. 1978 mit der darin getroffenen Vereinbarung über den Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit ist wirksam. Hierbei kann dahingestellt bleiben, ob der Vertrag im Hinblick darauf, dass er auf die in einer anderen notariellen Urkunde enthaltene Baubeschreibung Bezug nahm und dass eine ihm beigefügte inhaltsgleiche Baubeschreibung nicht verlesen worden ist, dem gesetzlichen Beurkundungserfordernis nach damaliger Rechtslage widersprach. Denn dieser Formmangel wäre nach dem Gesetz zur Änderung und Ergänzung beurkundungsrechtlicher Vorschriften vom 20. 2. 1980 gegenstandslos. Nach § 1 I 1 dieses Gesetzes ist ein vor dessen Inkrafttreten beurkundetes Rechtsgeschäft nicht deshalb nichtig, weil eine öffentliche Urkunde, auf die in der notariellen Niederschrift verwiesen ist, dieser nicht beigefügt oder nicht verlesen worden ist. Somit ist das von dem Formmangel betroffene Rechtsgeschäft als von Anfang an wirksam anzusehen. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese echte Rückwirkung bestehen nach Auffassung des Senats nicht. Demgemäß bestand von vornherein auch die Verpflichtung der Beklagten zur Erfüllung des Kaufvertrages.

Die Beklagten hat die Verzögerung der Fertigstellung der Eigentumswohnung auch zu vertreten. Dabei kommt es hier nicht auf die von der Revision aufgeworfene Frage an, ob eine Vertragspartei schuldhaft dann handelte, wenn sie aufgrund der früheren Rechtsprechung des BGH zu den Beurkundungserfordernissen von der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts ausging und deshalb ihre vertraglichen Pflichten nicht mehr hinreichend erfüllte. Denn nach den Feststellungen des Berufsgerichts hatte die Beklagte erst Ende Juni 1979 Kenntnis von den einschlägigen Urteilen erlangt, so dass nicht erst dieser Umstand für die Nichteinhaltung des im Kaufvertrag schon auf Juli 1979 festgelegten Termins der Bezugsfertigkeit ursächlich war, sondern eine lange vorher eingetretene Verzögerung im Baufortschritt oder eine von vornherein unzulängliche Terminsplanung. Diese Verzögerungsgründe aber lagen im Verantwortungsbereich der Beklagten Auf die weitere Erwägung des Berufsgericht, dass sich die Beklagten rechtsmissbräuchlich verhalten hätte, wenn sie sich auf die Nichtigkeit des Vertrages berufen hätte, und dass sie zudem mit einer die Nichtigkeit beseitigenden Gesetzgebung hätte rechnen müssen, kommt es deshalb nicht an.

Zu Unrecht beanstandet die Revision den Standpunkt des Berufsgericht, dass der eigene Verzug der Kläger bei der Zahlung eines Teils der ersten Kaufpreisrate ohne Einfluss auf den Leistungsverzug der Beklagten geblieben sei. Wie das Berufsgericht feststellt, ist von der ersten Kaufpreisrate ein Teilbetrag von 140000 DM nicht zum vereinbarten Fälligkeitszeitpunkt am 1. 6. 1978, sondern erst am 29. 6. 1978 gezahlt worden. Dieser kurzzeitige Zahlungsverzug von 28 Tagen, noch dazu im Anfangsstadium der Bauarbeiten, hat sich indessen nicht auf den zeitlichen Ablauf des Bauvorhabens ausgewirkt. Unstreitig hatte die Bekl damals ohne Unterbrechung weitergebaut, was auch die Revision nicht in Frage stellt. Somit fehlt es an einem ursächlichen Zusammenhang zwischen der vorübergehenden eigenen Vertragsuntreue der Kläger und dem späteren Leistungsverzug der Beklagten

Zur Höhe des Verzögerungsschadens halten die Ausführungen des Berufsgerichts rechtlicher Prüfung nicht stand. An der Zulässigkeit der auch hierauf gerichteten Revision bestehen keine Bedenken. Zwar hat das Berufsgericht die Zulassung des Rechtsmittels damit begründet, dass der Frage, ob als Folge der sich aus § 1 I BeurkÄndG ergebenden rückwirkenden Heilung des Beurkundungsmangels zugleich die Verzugsvoraussetzungen rückwirkend wieder hergestellt werden, grundsätzliche Bedeutung zukomme; darin liegt jedoch entgegen dem in der Revisionserwiderung vertretenen Standpunkt keine Beschränkung der Zulassung nur auf diese Rechtsfrage, sondern lediglich ein Hinweis auf den Anlass der Zulassung. Die Beschränkung der Revisionszulassung auf einen bestimmten rechtlichen Gesichtspunkt oder auf ein einzelnes Entscheidungselement wäre zudem unbeachtlich, sofern nicht die Zulassung eindeutig nur auf einen durch Teil- oder Grundurteil abtrennbaren Teil des Rechtsstreits oder auf ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel begrenzt wird. Das ist hier nicht der Fall.

Demnach bezieht sich die Revision in zulässiger Weise auch auf die Schadenshöhe, soweit dagegen Beanstandungen erhoben worden sind. Insoweit sind Gegenstand des Rechtsmittels die Möbellagerkosten von 1075,76 DM sowie die vom Berufsgericht auf den Verzögerungsschaden nicht angerechneten Vorteile der Kläger aus angeblich ersparten Kreditzinsen von 10783,90 DM und aus einer Steuerersparnis in der behaupteten Höhe von 1845,69 DM.

Was die Forderung auf Ersatz der Möbellagerkosten von 1075,76 DM anbelangt, so unterstellt das Berufsgericht, dass die Anschaffung neuer Möbel verfrüht gewesen sein könnte. Es hält aber einen darin etwa liegenden Verstoß gegen die Pflicht zur Schadensabwendung für bedeutungslos, weil die Kläger jedenfalls auch Möbel aus ihrer alten Wohnung hätten einlagern müssen und nicht ersichtlich sei, dass sich die Anzahl der Möbelstücke auf die Höhe der Lagerkosten ausgewirkt habe. Insoweit weist die Revision zutreffend darauf hin, dass sich im Lagergeschäft die Höhe der - vereinbarten oder üblichen - Lagerkosten erfahrungsgemäß nach dem Ausmaß des erforderlichen Lagerraums richtet. Dafür aber ist der Umfang des Lagerguts von Bedeutung. Auf die Anzahl derjenigen eingelagerten Möbelstücke, welche die Kläger zu einem Zeitpunkt bestellt hatten, als sie nicht mehr mit der Möglichkeit pünktlicher Fertigstellung der Eigentumswohnung rechnen durften, kann es daher ankommen. Eine andere Frage ist, ob sich dieser Anteil feststellen lässt. Ausführungen dazu enthält das Berufungsurteil nicht. Sollte es dahin zu verstehen sein, dass die vorgelegten Quittungen keinen Aufschluss geben, so wird in der erneuten Verhandlung auch der Schriftsatz der Beklagten vom 22. 1. 1982 zu beachten sein und dabei berücksichtigt werden müssen, dass deren Darlegungslast nicht die Kläger der Verpflichtung enthebt, sich zu den nur in ihrem Wissen liegenden Einzelheiten zu erklären.

Rechtsirrig ist die Ansicht des Berufsgericht, die Kläger brauchten sich auf den Schaden nicht die Kreditzinsen anrechnen zu lassen, welche sie sich dadurch erspart haben, dass die Eigentumswohnung später als vereinbart bezugsfertig geworden ist.