Volldeckung

Ist der Mieter eines Kraftfahrzeuges bei Vereinbarung einer Volldeckung nach Art einer Vollkaskoversicherung von der Haftung für Unfallschäden an dem Mietfahrzeug auch bei Überlassung des Wagens an einen Dritten befreit, so verzichtet der Vermieter in entsprechender Anwendung von § 15 II AKB auch auf die Inanspruchnahme des Dritten für die von diesem durch leichte Fahrlässigkeit verursachten Schäden.

Zum Sachverhalt: Der Zweitbeklagte unterzeichnete einen Formularmietvertrag der Kläger über die Anmietung eines Lkw für 24 Stunden. Auf der Vorderseite des Formulars wurde eine so genannte Volldeckung angekreuzt. Bei der Rubrik Besondere Vereinbarungen/ggf. zusätzlicher Fahrer ist vermerkt: keine. Über der Unterschrift befindet sich der vorgedruckte Satz: Ich anerkenne die auf der Rückseite des Vertrages aufgeführten Bedingungen. In diesen Allgemeinen Vermietbedingungen ist u. a. bestimmt:

§ 3 Berechtigter Fahrer unter der Voraussetzung eines gültigen Führerscheins und des in der jeweils gültigen Preisliste festgelegten Mindestalters: der Mieter, dessen Familienangehörige sowie der im Mietvertrag angegebene Fahrer, angestellte Berufsfahrer im Firmenauftrag ab 18 Jahre.

Der Fahrer ist Erfüllungsgehilfe des Mieters. § 11 Haftung für Unfallschäden, Volldeckung. Der Mieter haftet bei allen durch Unfall entstehenden Schäden am Mietwagen nur für die reinen Reparaturkosten und nur begrenzt. Die Höhe der Haftung ergibt sich aus der jeweils gültigen Preisliste.

Ausschluss der Haftung des Mieters für Unfallschäden am gemieteten Wagen kann gegen eine der jeweils gültigen Preisliste zu entnehmende Tages- bzw. Wochengebühr vereinbart werden.

§ 12 Vollhaftung. Mieter haftet in jedem Fall, auch bei Abschluss der Volldeckung, vollen Umfangs, wenn der Schaden entsteht bei: grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Verursachung des Unfalles oder der Beschädigung, sowie bei Fahrten unter Einwirkung von Alkohol sowie bei Unfallflucht.

Der Zweitbeklagte überließ das Steuer dem damals 19 jährigen Erstbekl., der mit dem Fahrzeug nach rechts von der Fahrbahn abkam, wobei der Lkw beschädigt wurde. Mit ihrer Klage hat die Kläger Schadensersatz in Höhe von 6200 DM von den Beklagten gefordert.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben. Die - zugelassene - Revision der Beklagte führte zur Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Aus den Gründen: Nach Auffassung des Berufsgerichts haftet der Zweibeklagte für den entstandenen Schaden an dem Lkw, weil er entgegen Nr. 3 der AVB den Lkw einem Dritten überlassen hat. Wegen dieser Vertragsverletzung greife die mit der Volldeckung vereinbarte Haftungsbefreiung gemäß Nr. 11 II und Nr. 12 AVB nicht ein. Mit der Berufung auf diese Vertragsregelung verstoße die Kläger nicht gegen Treu und Glauben. Denn der Kraftfahrzeugvermieter könne mit Rücksicht auf sein berechtigtes Interesse an einer Risikoverminderung nicht gezwungen sein, mit der an die Stelle einer Vollkaskoversicherung tretenden Volldeckung den Mieter in allen Punkten so zu stellen, wie er bei Abschluss einer Kaskoversicherung für einen eigenen Wagen stünde.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die in Nr. 12b AVB geregelte Einschränkung der Volldeckung für den Fall, dass der Mieter das Fahrzeug einem Dritten überlässt, ist als unangemessene Klausel unwirksam. Das hat der erkennende Senat nach Erlass des hier angefochtenen Urteils für einen ähnlich gelagerten Fall bereits entschieden.

Verspricht der gewerbliche Autovermieter in AGB dem Mieter, ihn gegen Zahlung eines Entgelts nach Art einer Versicherungsprämie von der Haftung für Unfallschäden ohne Selbstbeteiligung freizustellen, so ist er nach gefestigter Rechtsprechung des BGH gehalten, diese im vorliegenden Fall als Volldeckung bezeichnete Regelung nach dem Leitbild einer für einen eigenen Wagen des Mieters abgeschlossenen Vollkaskoversicherung zu gestalten. Nur bei Erfüllung dieser Anforderung wird er seiner aus Treu und Glauben herzuleitenden Verpflichtung gerecht, schon bei Abfassung seiner AGB die Interessen künftiger Vertragspartner angemessen zu berücksichtigen.

Ist das Leitbild einer für einen eigenen Wagen des Mieters abgeschlossenen Kaskoversicherung maßgebend, so muss - wie der Senat in dem zitierten Urteil NJW 1981, 1211, ausgeführt hat - auch der Regel in § 2 IIb AKB Rechnung getragen werden. Danach entfällt der Versicherungsschutz zugunsten des Eigentümers nicht bei Benutzung des Fahrzeugs durch einen Dritten als Fahrer, insbesondere wenn ihm das Fahrzeug vom Eigentümer überlassen worden ist. Der Mieter, dem der Vermieter Volldeckung zusagt, bekundet mit der Bezahlung des dafür geforderten besonderen Entgeltes sein dringendes, für den Vermieter erkennbares und auch berechtigtes Interesse und seinen Willen, kein höheres Risiko als ein Halter oder Eigentümer einzugehen.

Soll die Haftungsbefreiung den Zweitbeklagte wie einen Fahrzeugeigentümer schützen, so käme ein Wegfall der Befreiung entsprechend § 61 VVG nur in Betracht, wenn der Unfallschaden von einem der beiden Beklagten vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht wäre. Dafür hat die Kläger jedoch nichts Schlüssiges vorgetragen. Der bloße Umstand, dass der Erstbeklagte erst 19 Jahre alt war, reicht für einen derartigen Vorwurf nicht aus. Auch wenn dem Zweitbeklagte bewußt war, dass. die Kläger grundsätzlich nicht an Personen unter 21 Jahren vermietete, musste ihm das Risiko bei der Überlassung des Wagens an einen 19jährigen, der eine entsprechende Fahrerlaubnis hatte, nicht ungewöhnlich erscheinen. Ist der Zweitbeklagte danach gemäß Nr. 11 der AVB von der Haftung für den durch Überlassung an den Erstbeklagte entstandenen Schaden an dem Lkw befreit, so ist die Klage gegen ihn unbegründet.

Auch gegenüber dem Erstbeklagte steht der Kläger entgegen der Auffassung des Berufsgerichts ein Ersatzanspruch nicht zu. Die mit dem Zweitbeklagte vereinbarte Volldeckung hindert die Kläger daran, den Erstbeklagte für den Schaden an dem vermieteten Lkw in Anspruch zu nehmen.

Da der Mietvertrag nur zwischen der Klägerin und dem Zweitbeklagte abgeschlossen ist, nimmt der Erstbeklagte nicht schon als Vertragspartner an den Wirkungen des Vertrages teil. Dem Berufsgericht ist auch darin zu folgen, dass der Mietvertrag und insbesondere sein die Haftungsbestimmungen enthaltender Teil kein Vertrag zugunsten eines Dritten - des Erstbeklagte - ist. Die Kläger hat in Nr. 3 der AVB eindeutig festgelegt, wer nach ihrem Willen mit eigenem vertraglichem Recht zur Führung des Mietfahrzeugs berechtigt sein soll. Zu diesem Personenkreis gehört der Erstbeklagte nicht, weil er weder Familienangehöriger des Zweitbeklagte noch im Mietvertrag als Fahrer eingetragen ist.

Die Zusage der Volldeckung im Mietvertrag wirkt sich jedoch insofern zugunsten des Erstbeklagte aus, als die Kläger gehindert ist, ihre aus der Beschädigung des Lkw möglicherweise entstandenen Ersatzansprüche gegen ihn geltend zu machen.

Überlässt ein Kraftfahrzeugeigentümer, der eine Vollkaskoversicherung abgeschlossen hat, seinen Wagen einem Dritten als Fahrer und verursacht dieser schuldhaft einen Schaden an dem Fahrzeug, so hat der Eigentümer gegen den Versicherer einen Anspruch auf Deckungsschutz im Rahmen der Bedingungen seines Versicherungsvertrages. Der Versicherer kann in einem solchen Falle einen nach § 67 VVG auf ihn übergegangenen Ersatzanspruch des Eigentümers gegen den Fahrer nur geltend machen, wenn der Dritte den Schaden vorsätzlich oder grob fahrlässig verursacht hat.

Da der gewerbliche Kraftfahrzeugvermieter den Mieter bei Vereinbarung einer Volldeckung so zu stellen hat wie einen vollkaskoversicherten Eigentümer, muss das - entsprechend § 15 II AKB - auch für die Beschränkung der Inanspruchnahme Dritter gelten. Der Mieter darf darauf vertrauen, dass die ihm gewährte Haftungsfreistellung jedenfalls in den wesentlichen Punkten dem Vollkaskoschutz entspricht. Diese Erwartung würde nicht erfüllt, wenn der Vermieter den vom Mieter mit der Führung des Fahrzeugs beauftragten, gegenüber dem Mieter also berechtigten Fahrer bei leicht fahrlässig verursachten Schäden in Anspruch nehmen könnte. Denn je nach der Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses zwischen Mieter und Fahrer bestünde die Gefahr, dass der Fahrer vom Mieter Freistellung fordern könnte, etwa weil aufgrund eines Gefälligkeitsverhältnisses ein stillschweigender Haftungsverzicht anzunehmen wäre oder der Mieter sich aufgrund ungenügender Aufklärung des Fahrers über die Bedingungen des Mietvertrages ersatzpflichtig gemacht hätte. Im Ergebnis wäre der Mieter in diesen Fällen letzten Endes selbst mit der Ersatzverpflichtung belastet.

Die Zusage der Volldeckung ist mithin als Verzicht auf die Inanspruchnahme eines gegenüber dem Mieter berechtigten Fahrers anzusehen, selbst wenn im übrigen der Fahrer im Verhältnis zum Vermieter wegen der Regelung in Nr. 3 der AVB nicht Berechtigter ist. Den Verzicht muss auch der am Mietvertrag nicht beteiligte Fahrer unmittelbar geltend machen können, weil andernfalls seine Freistellung nur auf dem Umweg über einen vom Mieter gegen den Vermieter durchzusetzenden Anspruch erreichbar wäre. Einbezogen in den Verzicht sind nicht nur die Fälle, in denen dem Mieter ein begründeter Freistellungsanspruch des Fahrers droht, sondern alle Schäden, die durch einen vom Mieter beauftragten oder ihm gegenüber berechtigten Fahrer verursacht werden. Das folgt aus der grundsätzlichen Gleichstellung mit der Regelung nach § 15 II AKB, der ebenfalls ohne Rücksicht auf das Rechtsverhältnis zwischen Eigentümer und Fahrer gilt.

Da die Kläger grobe Fahrlässigkeit des Erstbeklagte nicht geltend gemacht hat, ist die Klage auch ihm gegenüber unbegründet, ohne dass er noch auf die von der Revision aufgeworfene Frage ankommt, ob dem Erstbeklagte überhaupt ein Verschulden an dem Unfall zur Last fällt.