Vollmachtgeber

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. Die Zurückweisung ist ausgeschlossen, wenn der Vollmachtgeber den anderen von der Bevollmächtigung in Kenntnis gesetzt hatte.

Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, kann zurückgewiesen werden, falls der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nur in beglaubigter Abschrift vorlegt. Das gilt auch dann, wenn die Willenserklärung durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers zugestellt wird.

Zum Sachverhalt: Der Rechtsvorgängerin der Kläger hatten die Beklagten ein Grundstück verpachtet. Rechtsanwalt Dr. S kündigte im Auftrag der Beklagten den Pachtvertrag unter Beifügung einer beglaubigten Abschrift der Vollmacht der Beklagten. Das Schreiben wurde durch Vermittlung des Gerichtsvollziehers der Kläger zugestellt. Diese widersprach der Kündigung, weil die Vollmacht nicht in Urschrift beigefügt gewesen war. Die Kläger begehrt mit der Klage die Feststellung, dass das Pachtverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist.

LG und Oberlandesgericht haben der Klage stattgegeben. Die - zugelassene - Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufsgericht hat ausgeführt, ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft, also auch eine Kündigung, könne nach Sinn und Zweck des § 174 BGB dann zurückgewiesen werden, wenn bei Vornahme desselben durch einen Bevollmächtigten dieser seine Vollmacht lediglich in beglaubigter Abschrift vorgelegt habe. Grundsätzlich sei die Vorlage der Vollmachtsurkunde in Urschrift erforderlich. Die Kläger habe daher die Kündigung der Beklagten zurückweisen dürfen. Eine andere Beurteilung sei nicht deshalb gerechtfertigt, weil das Kündigungsschreiben gemäß § 132I BGB, § 167 II ZPO durch den Gerichtsvollzieher zugestellt worden sei. Denn die materiellrechtliche Voraussetzung der Wirksamkeit einer Kündigung sei in § 174 BGB geregelt; § 132 I2 BGB verweise lediglich hinsichtlich der Förmlichkeiten der Zustellung auf die Bestimmungen der ZPO.

Dagegen wendet die Revision sich ohne Erfolg.

Es entspricht, soweit ersichtlich, allgemeiner Meinung, dass bei einer Kündigung durch einen Bevollmächtigten die Vorlage der Vollmacht in beglaubigter Abschrift grundsätzlich nicht ausreicht.

Entgegen der Ansicht der Revision gilt auch dann nichts anderes, wenn die Kündigung durch einen Rechtsanwalt erfolgt...

Das Berufsgericht hat auch darin recht, dass eine Kündigung durch einen Bevollmächtigten gemäß § 174 BGB zurückgewiesen werden kann, wenn bei Zustellung eines Kündigungsschreibens durch Vermittlung eines Gerichtsvollziehers die Vollmacht des Bevollmächtigten nicht in Urschrift, sondern in beglaubigter Abschrift vorgelegt wird.

Zwar bestimmt § 167 II ZPO, dass, wenn eine Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher bewirkt wird, bis zum Beweis des Gegenteils angenommen wird, dass sie im Auftrag der Partei erfolgt sei. Das verhilft der Revision aber nicht zum Erfolg. Es wird sogar die Meinung vertreten, dass § 167 II ZPO außerhalb des Prozesses nicht gelte. Wie der erkennende Senat indessen ausgeführt hat, verweist § 132 I2 BGB für die Fälle, in denen eine Willenserklärung unter Vermittlung eines Gerichtsvollziehers zugestellt wird, ganz allgemein auf die Anwendung der Zustellungsvorschriften der ZPO. Von der Verweisung sind nur diejenigen Vorschriften ausgenommen, die eine Mitwirkung der Geschäftsstelle oder des Gerichts bei der Zustellung vorsehen oder die Zustellung von Anwalt zu Anwalt regeln. Ist also gemäß § 132 I 2 BGB bei der Zustellung durch einen Gerichtsvollzieher § 167II ZPO anzuwenden, so besagt dies, dass der Gerichtsvollzieher bei Zustellung eines Kündigungsschreibens ebenso wie bei einer Zustellung im Bereich der Zivilprozessordnung dem Zustellungsempfänger seinen Auftrag nicht nachzuweisen hat. Das bedeutet indessen nur, dass es eines Nachweises des von Rechtsanwalt Dr. S dem Gerichtsvollzieher erteilten Zustellungsauftrags nicht bedarf.

Die in § 174 BGB enthaltene materielle Regelung, die bei einer Kündigung durch einen Bevollmächtigten die Vorlage von dessen Vollmacht erfordert, wird durch § 167 II ZPO nicht berührt. Nach den Motiven zu dem Entwurf eines BGB ist Zweck des § 174 BGB, demjenigen zu helfen, demgegenüber ein Bevollmächtigter im Namen eines anderen ein einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft vornimmt. Denn der andere gerät insofern in eine ungünstige Lage, als er, wenn der Bevollmächtigte sich nicht durch eine Vollmacht ausweist, keine Gewissheit darüber hat, ob der Vertretene das Rechtsgeschäft gegen sich bzw. für sich gelten lassen muss, weil bei einseitigen Rechtsgeschäften gemäß § 180 S. 1 BGB eine Vertretung ohne Vertretungsmacht unzulässig ist. Deshalb wird dem Empfänger das Recht gegeben, ein ohne Vorlage einer Vollmachtsurkunde vorgenommenes einseitiges empfangsbedürftiges Rechtsgeschäft eines Bevollmächtigten unverzüglich zurückzuweisen. Dem Schutzzweck des § 174 BGB ist aber nicht Genüge getan, wenn die Vollmacht nur in beglaubigter Abschrift vorgelegt wird. Denn aus deren Zustellung ergibt sich lediglich, dass die Vollmacht einmal erteilt war, dagegen nicht, dass sie bei Absendung des Kündigungsschreibens noch bestand, und nicht etwa unter Zurückforderung der Vollmachtsurkunde entzogen worden ist. Diese Ungewissheit entfällt nur, wenn die Urschrift der Vollmachtsurkunde vorgelegt wird.