Vorkaufsrechtssatzung

Die Gemeinde muss in der Vorkaufsrechtssatzung Flächen bezeichnen, an denen ihr ein Vorkaufsrecht an den Grundstücken zusteht. Auch hier schließt die Verwendung des Plurals nicht aus, dass die Gemeinde nur eine einzige Fläche in der Satzung festlegt. Es steht in ihrem Ermessen, welche Fläche oder welche Flächen sie innerhalb des räumlichen Geltungsbereiches der Satzung auswählt. Im Hinblick auf die Rechtsfolgen der Satzung muss sich aus der Satzung jedoch zweifelsfrei ergeben, an welchen Grundstücken oder Grundstücksteilflächen das Vorkaufsrecht bestehen soll. Es ist daher z. B. nicht zulässig, die Fläche durch Verweisung auf den Flächennutzungsplan zu bezeichnen, da die Kennzeichnung in diesem Plan mit hinreichender Schärfe kaum erreichbar sein wird. In der Regel wird eine Fläche mehrere Grundstücke enthalten. Die Satzung kann entweder die innerhalb der Fläche liegenden Grundstücke nach ihren Flurstücksnummern aufführen oder die Grenzen der Fläche durch andere eindeutige Angaben oder durch eine entsprechend genaue zeichnerische Darstellung in einer Karte bezeichnen. Die Grenzen einer Fläche brauchen sich nicht mit den Parzellengrenzen der Grundstücke zu decken. Der räumliche Umfang der Fläche richtet sich nach dem Sicherungsbedürfnis in Bezug auf die beabsichtigten städtebaulichen Maßnahmen. Dabei sind das Abwägungsgebot und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten. Für die gerichtliche Kontrolle können die von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Grundsätze zur Rechtskontrolle von Bebauungsplänen entsprechend herangezogen werden. Danach kommt es darauf an, ob das Gebot sachgerechter Abwägung zwischen den in Betracht zu ziehenden städtebaulichen Maßnahmen und einem ihnen entsprechenden räumlichen Geltungsbereich der Satzung beachtet worden ist, ob dabei in die Abwägung an in Betracht zu ziehenden Maßnahmen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden musste, ob deren Bedeutung verkannt oder der Ausgleich in einer Weise vorgenommen worden ist, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner städtebaulicher Maßnahmen außer Verhältnis steht. An die Begründung der Satzung dürfen jedoch insoweit keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn der Erlass der Satzung mit dem beschlossenen Inhalt bei den in der Gemeinde gegebenen Umständen als sachgerecht einleuchtet. Die Fläche darf - jedenfalls im wesentlichen - nur Grundstücke umfassen, deren Weiterveräußerung an Dritte den mit der beabsichtigten städtebaulichen Maßnahme verfolgten Zweck erschweren würde. Dies ist der Fall bei Grundstücken, die die Gemeinde letztlich ohnehin erwerben muss; es können aber auch für eine künftige private Nutzung vorgesehene Grundstücke sein, wenn mit der städtebaulichen Maßnahme die Verwirklichung der privaten Nutzung aus städtebaulichen Gründen angestrebt wird oder wenn die Grundstücke als Austausch- oder Ersatzland vorgesehen sind. Ist die Fläche in einem dem Sicherungszweck entsprechenden Umfang bezeichnet, so entsteht das Vorkaufsrecht beim Kauf des betroffenen Grundstücks. Ob es auch ausgeübt werden kann, hängt dann weiter davon ab, ob das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung rechtfertigt.

Die Auswahl der Flächen nach Zahl und Umfang muss zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erforderlich sein. Damit wird einmal die Zukunftsbezogenheit des mit dem Vorkaufsrecht verfolgten Zieles festgelegt. Die vom Vorkaufsrecht betroffene Fläche darf also nicht dazu bestimmt sein, mit dem Vorkaufsrecht eine bestehende städtebauliche Ordnung zu verwirklichen. Umfasst daher z. B. ein in der Satzung bezeichnetes Gebiet, in dem die Gemeinde zukunftsorientierte Maßnahmen in Betracht zieht, auch bebaute Flächen, für die § 34 gilt, so darf die Gemeinde solche Flächen nicht lediglich zu dem Zweck auswählen, um die Schließung von Baulücken auf dem Weg über das Vorkaufsrecht zu erzwingen, es sei denn, sie plant auch für diese Flächen zukünftige Maßnahmen. Sie kann das Ziel, Baulücken zu schließen, allerdings über eine Satzung nach Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 nach Aufstellung eines Bebauungsplanes erreichen. Das zweite Kriterium für die Flächenauswahl ist, dass auf der bezeichneten Fläche städtebauliche, d. h. bodenrechtlich relevante Ziele verfolgt werden. Die Flächenauswahl muss also eine künftige städtebauliche Ordnung zum Ziel haben. Dies führt zu der Frage, ob die Gemeinde Flächen nur unter dem Gesichtspunkt bezeichnen darf, dass dort über das Vorkaufsrecht Nutzungen gesichert werden, die nach § 9 in einem Bebauungsplan festgesetzt und durch die planakzessorischen Instrumente der Gebote nach den § 175 ff und der Enteignung erzwungen werden können, oder ob das Vorkaufsrecht auch dazu dienen darf, spezifische Belange der in § 1 Abs. 5 Satz 2 aufgezählten Art durchzusetzen, die zwar bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen sind, aber durch planakzessorische Instrumente nicht erzwungen werden können. Dazu gehören z. B. der soziale Wohnungsbau und sonstige Wohnbauprogramme für Angehörige niedriger Einkommensschichten sowie die Förderung bestimmter Arten von Gewerbebetrieben. So können unter dem Aspekt der Befriedigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung bei Vermeidung einseitiger Bevölkerungsstrukturen im Bebauungsplan zwar Wohngebäude für den sozialen Wohnungsbau vorgesehen werden; durchsetzbar ist aber über die Enteignung oder über das Baugebot nur die Bebauung mit Wohngebäuden, die mit Mitteln des sozialen Wohnungsbaus gefördert werden könnten, nicht aber die Ausnutzung der Förderungsmöglichkeit durch den Grundstückseigentümer. Ähnlich verhält es sich mit der Förderung bestimmter Gewerbebetriebe: Die Gemeinde kann über die Bauleitplanung und repressiven Instrumente z. B. nicht die wirtschaftspolitisch erwünschte Ansiedlung mittelständischer Unternehmen erzwingen, sondern nur die gewerbliche Nutzung als solche im Rahmen einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 in Verbindung mit den einschlägigen Vorschriften der BauNVO durchsetzen.

Versteht man also den Begriff der geordneten städtebaulichen Entwicklung in § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 inhaltlich genauso wie in § 1 Abs. 5 Satz 1, d. h. im Sinne einer bodenbezogenen Angebotsplanung, so dürfte die Auswahl von Flächen in der Vorkaufsrechtssatzung nur zu dem Zweck, z. B. den sozialen Wohnungsbau nicht nur anzubieten, sondern auch durchzusetzen, nicht möglich sein. Die Auswahl von Flächen in einer Vorkaufsrechtssatzung allein zum Zwecke der Durchsetzung bestimmter Wohnbauprogramme wird daher nur dann zulässig sein, wenn die Verwirklichung solcher Ziele auf der in Aussicht genommenen Fläche erforderlich ist, um städtebauliche Fehlentwicklungen zu verhindern. Dabei wird heute der Begriff Städtebau nicht mehr in dem engen Sinne einer ansprechenden äußeren Stadtgestalt und einer geregelten, möglichst störungsfreien räumlichen Unterbringung der verschiedenen Bodennutzungen, sondern mit einem weitergehenden funktionellen Inhalt verstanden. Er umfasst daher auch die gebietsspezifischen Wechselbeziehungen zwischen verschiedenen Funktionen und Strukturen. So gesehen können, um nur ein Beispiel zu nennen, städtebaulich relevante Probleme auftreten, wenn vorhandene öffentliche und private Einrichtungen der Infrastruktur auf eine bestimmte Sozialstruktur angewiesen sind, d. h. wenn Schulen, Kindergärten, Einrichtungen der Jugendpflege oder Institutionen der Altenfürsorge nicht mehr genügend ausgelastet und infolgedessen nicht mehr existenzfähig sind oder wenn an anderer Stelle mit erhöhtem Aufwand und unter Inanspruchnahme an sich von der Bebauung freizuhaltender Flächen neue Einrichtungen geschaffen werden müssen. Dazu dürfte auch der Fall zu zählen sein, dass z. B. die Funktionsfähigkeit öffentlicher Dienstleistungsunternehmen gefährdet ist, wenn bestimmte Personengruppen mit mittlerem oder niedrigem Einkommen wegen zu hoher Mieten abzuwandern drohen. Hinzu kommt, dass für das Vorkaufsrecht nach dem BauGB-MaßnahmenG die beabsichtigte Verwendung des vorzukaufenden Grundstücks für den sozialen Wohnungsbau oder für Personengruppen mit besonderem Wohnbedarf ein städtebaulich gerechtfertigter Ausübungsgrund ist. Gelingt es der Gemeinde, die Notwendigkeit der Flächenauswahl nach Abs. 1 Satz 1 Nr.2 zur Durchsetzung bestimmter Programme mit städtebaulichen Gründen der in Rn. 26 dargestellten Art zu belegen, so dürfte die Bezeichnung der Fläche in der Vorkaufsrechtssatzung zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung erforderlich sein und eine zulässige tatbestandliche Grundlage für das Entstehen des Vorkaufsrechts darstellen. In diesem Fall ist dann auch das Wohl der Allgemeinheit für die Ausübung des Vorkaufsrechts zu bejahen. Anderenfalls kann die Gemeinde mit dem Vorkaufsrecht nur die Durchsetzung einer künftigen plankonformen Bebauung nach den in § 9 aufgezählten Kriterien erreichen. Sie darf daher z. B. das Vorkaufsrecht dann nicht ausüben, wenn sich der Käufer im Rahmen einer Abwendungserklärung nach § 27 verpflichtet, eine künftig festzusetzende Wohnbebauung als solche zu verwirklichen, ohne dabei eine bestimmte programmspezifische Nutzung auszuschöpfen.