Vorteilsausgleichung

Die Frage einer Vorteilsausgleichung beurteilt sich danach, ob der Geschädigte durch das den Schaden auslösende Ereignis Vermögensvorteile erlangt, die in einem adäquaten Kausalzusammenhang mit diesem Ereignis stehen, und ob die Anrechnung des Vorteils dem Zweck des Schadensersatzes sowie der Billigkeit entspricht. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben, falls die Kläger den zur Kaufpreisfinanzierung erforderlichen Bankkredit aufgrund der verzögerten Wohnungsübergabe erst später als vorgesehen in Anspruch nehmen mussten und falls ihnen dadurch - wie das Berufsgericht unterstellt - für den Verzugszeitraum die Zahlung von Kreditzinsen erspart geblieben ist. Es gibt keinen triftigen Grund, den Kläger diesen Vorteil zu belassen und sie mithin besser zu stellen, als sie bei rechtzeitiger Vertragserfüllung gestanden hätten. Sie können nicht einerseits Ersatz des Verzögerungsschadens und in diesem Rahmen der für den Kredit aufgewendeten Bereitstellungszinsen verlangen, andererseits aber auch noch den Zinsgewinn behalten, der ihnen gerade nur deshalb zugeflossen ist, weil sie den Kredit erst zu dem von der Beklagten hinausgezögerten Zeitpunkt der Bezugsfertigkeit benötigten. Die vorgenommene konkrete Berechnung des Schadens erfordert eine Anrechnung auch dieses konkreten Vorteils, da in solchem Falle Vor- und Nachteil gleichsam in einer Rechnungseinheit miteinander verbunden sind.

Die Meinung des Berufsgerichts, der Zinsgewinn müsse den Klägern deswegen verbleiben, weil sie in gleicher Lage auch Erträge aus Eigenkapital hätten behalten dürfen, beruht auf einer falschen Prämisse. Vorteile des Geschädigten aus der ihm durch den Verzug ermöglichten Nutzung des Eigenkapitals, das er bei rechtzeitiger Vertragserfüllung zur Kaufpreistilgung eingesetzt hätte und dann nicht gewinnbringend hätte anlegen können, müssten jedenfalls bei konkreter Schadensberechnung auf den Verzögerungsschaden angerechnet werden; denn der Schadensersatz darf nicht zur Bereicherung führen. Davon ausgenommen sind nur Erträge, die der Geschädigte durch überobligationsmäßigen Einsatz erwirtschaftet. Nichts anderes ergibt sich aus dem vom Berufsgericht für seinen Standpunkt angeführten Urteil des BGH. Dort ist für den in § 844 II BGB geregelten Unterhaltsersatzanspruch des Hinterbliebenen die Anrechenbarkeit der Erträgnisse aus ihm vom Erblasser hinterlassenem Kapitalvermögen nur deshalb verneint worden, weil diese Erträgnisse nicht zur Erfüllung seiner Unterhaltspflicht gedient hätten, mithin zwischen Ertragsvorteil und Unterhaltsverlust kein Zusammenhang bestand. Demgegenüber ist hier dieser Zusammenhang gegeben; denn die Aufwendungen, welche die Kläger aufgrund des Verzuges erbringen mussten, also ihr Schaden, und der Vorteil aus ersparten Zinsaufwendungen sind Folgen eines wirtschaftlich einheitlichen Vorganges.

In der erneuten Verhandlung wird das Berufsgericht der bisher ungeklärten Frage nachzugehen haben, ob tatsächlich eine Zinsersparnis eingetreten ist oder ob sich nur, bei im Ergebnis unveränderter Zinsbelastung, der Tilgungs- und Zinszeitraum verschoben hat. Weiter ist zu beachten, dass Zinsvorteile, die den Kläger schon in der Zeit vor dem vereinbarten Termin der Bezugsfertigkeit erwachsen sind, auf den Schaden nicht angerechnet werden dürfen. Denn diese Vorteile beruhten auf der die früheren Bauabschnitte betreffenden Fälligkeitsregelung des Zahlungsplans für die erste bis vierte Kaufpreisrate und wären daher den Kläger auch dann zugeflossen, wenn die Eigentumswohnung fristgemäß bezugsfertig gewesen und übergeben worden wäre. Auch ein Zinsvorteil aus der zeitlichen Verschiebung der sechsten Kaufpreisrate hat mit dem Schaden nichts zu tun, da diese Rate vereinbarungsgemäß erst nach vollständiger Fertigstellung des gesamten Kaufobjekts fällig wird und ein diesbezüglicher Verzögerungsschaden nicht geltend gemacht ist. Im Rahmen des Klageanspruches kommt somit eine Vorteilsausgleichung nur im Umfang einer etwaigen Zinsersparnis für die fünfte - mit der Wohnungsübergabe fällige - Kaufpreisrate in Betracht, und zwar beschränkt auf die Dauer der verzugsbedingten Vorteilserlangung, also nicht bereits vor Verzugseintritt und auch nicht über den Zeitpunkt der fremdfinanzierten fünften Ratenzahlung hinaus. Insoweit bedarf die Zinsberechnung der darlegungspflichtigen Beklagten entsprechender Korrekturen. Es ist Sache tatrichterlicher Prüfung, ob und in welcher Höhe hiernach die Kläger von Zinsaufwendungen entlastet worden sind und deshalb eine Vorteilsausgleichung geboten ist.

Rechtsfehlerhaft ist auch die Nichtanrechnung der Steuervorteile von angeblich 1845,69 DM.

Das Berufsgericht unterstellt, dass den Kläger durch die verspätete Übergabe der Eigentumswohnung Vergünstigungen in der Höhe ihrer Einkommenssteuerpflicht entstanden sind, weil vor dem Bezug die vollen Schuldzinsen, danach aber nur noch Schuldzinsen bis zur Höhe des zur Ermittlung des Nutzungswerts der Wohnung maßgeblichen Grundbetrages abzugsfähig waren. Es ist aber der Ansicht, die Verknüpfung dieses Vorteils mit dem Schadenereignis sei lediglich äußerer und zufälliger Natur, so dass der Vorteil nicht der Beklagten als Schädigerin zugute kommen dürfe. Das ist rechtlich nicht haltbar.

Grundsätzlich sind mit dem Schaden zusammenhängende Steuerersparnisse im Wege der Vorteilsausgleichung anzurechnen, da der Schaden durch den Steuergewinn vermindert wird. Besonderheiten der Zweckbestimmung oder des Anlasses einer Steuervergünstigung können allerdings der Anrechnung entgegenstehen. Ein Fall dieser Art liegt hier nicht vor.

In der Zeit bis zur Bezugsfertigkeit eines Hauses oder einer Eigentumswohnung können die vollen Schuldzinsen von der Einkommensteuer abgesetzt werden, wenn sie gemäß § 9 I Nr. 1 EStG in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der beabsichtigten Vermietung oder Eigennutzung entstanden sind. Für die Zeit nach Bezugsfertigkeit sind die nunmehr anfallenden Schuldzinsen unter der hier vorliegenden Voraussetzung der Eigennutzung nur noch beschränkt abzugsfähig, und zwar gemäß § 21 a EStG lediglich bis zur Höhe des für den steuerpflichtigen Nutzungswert anzusetzenden Grundbetrages, der nach einem Vomhundertsatz des Einheitswerts ermittelt wird. Bei verzögerter Fertigstellung erlangt daher der Erwerber den Vorteil, dass ihm für die Dauer des Verzuges weiterhin der volle Schuldzinsenabzug möglich ist. Diesen effektiven Steuervorteil muss er sich auf den Verzögerungsschaden anrechnen lassen, da sonst seine konkrete wirtschaftliche Lage besser wäre als bei rechtzeitiger Vertragserfüllung. Wenn demgegenüber das Berufsgericht annimmt, die Beschränkung der Abzugsfähigkeit nach § 21 a EStG sei schadensrechtlich genauso zu behandeln wie eine Steuerersparnis aufgrund ermäßigten Steuersatzes, so vermengt es zwei nicht miteinander vergleichbare Gesichtspunkte. Gemeint ist offenbar die Steuerermäßigung bei außerordentlichen Einkünften, die dem Geschädigten auf den zu versteuernden Schadensersatz wegen eines Einnahmeverlusts gewährt wird. Der durch diese Ermäßigung herbeigeführte Vorteil darf nicht dem Schädiger zugute kommen, weil § 341 EStG die nachteiligen Auswirkungen verhindern will, die, sich aus der Steuerprogression bei einer außergewöhnlichen Zusammenballung von Einkünften im Veranlagungszeitraum - nämlich der einmaligen Ersatzleistung und der laufenden Einkünfte - für den Geschädigten ergeben. Davon zu unterscheiden ist der vorliegende Fall. Hier ergibt sich ein Gewinn daraus, dass eine schon bestehende, aber zeitlich begrenzte Steuervergünstigung als Folge des Schadensereignisses erst zu einem späteren Zeitpunkt wegfallt und daher Steuern erspart werden. Dieser Ersparnis steht nicht, wie bei der vorgenannten Steuerermäßigung, ein steuerlicher Nachteil gegenüber; denn die Beschränkung des Schuldzinsenabzuges nach Bezugsfertigkeit hat ihren Grund darin, dass der steuerpflichtige Nutzungswert der selbstgenutzten Wohnung nur auf der im Vergleich zum marktüblichen Mietpreis erheblich niedrigeren Grundlage des Einheitswerts bemessen wird und zudem durch diese Vergünstigung auf lange Sicht auch die nach dem Bezug anfallenden Schuldzinsen in voller Höhe wirtschaftlich ausgeglichen werden. Es ist daher nicht unbillig, den Steuervorteil auf den Verzögerungsschaden anzurechnen.

Ob sich die Kläger für die Dauer des Verzuges durch die volle Abschreibungsfähigkeit von Schuldzinsen tatsächlich Steuern in der behaupteten Höhe von 1845,69 DM erspart haben, ist vom Berufsgericht zu prüfen. Dabei ist den Darlegungsschwierigkeiten Rechnung zu tragen, die sich für die Beklagten daraus ergeben, dass sie keinen Einblick in den im Vermögensbereich der Kläger liegenden Steuervorgang hat.