Währungsverfall

Zur Frage der Neubemessung des Kaufpreises auf Grund einer Wertanpassungsklausel im Fall eines Ankaufsrechts für ein gewerblich genutztes Grundstück.

Anmerkung: 1. Der Währungsverfall wirft bei Dauerschuldverhältnissen und bei in sonstiger Weise langfristig angelegten Rechtsverhältnissen nicht nur dann Probleme auf, wenn eine vertragliche Regelung über die Anpassung an die Änderung der Währungsverhältnisse fehlt, sondern - wie der vorliegende Fall einmal mehr zeigt - auch dann, wenn eine solche Regelung vereinbart worden ist. Das hier besprochene Urteil gab dem V. Zivilsenat Gelegenheit, für die Neubemessung des Kaufpreises aufgrund einer Wertanpassungsklausel im Falle eines Ankaufsrechts Missverständnisse auszuräumen und Richtlinien zu geben.

Der Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Kläger und ihr Ehemann betrieben seit 1952 in gemieteten Räumen ein Textilgeschäft. Das Grundstück stand im Eigentum der Rechtsvorgänger der Beklagte Im Jahre 1955 wurde durch notariellen Vertrag das Mietverhältnis bis 1980 verlängert, zugleich wurde der Kläger und ihrem Ehemann ein Ankaufsrecht eingeräumt. Der Ankaufspreis sollte das Dreifache des damaligen steuerlichen Einheitswertes ausmachen. Für den Fall einer Änderung der Währungsverhältnisse und einer darauf zurückzuführenden wesentlichen Änderung des allgemeinen Preisgefüges, insbesondere auf dem Gebiete des Mietpreises sollte der benachteiligte Vertragsteil eine Vertragsänderung dahin verlangen können, dass der Mietzins oder der Ankaufspreis in angemessener Weise entsprechend dem Maße der Währungsveränderung und der darauf zurückzuführenden wesentlichen Änderung des Preisgefüges abgeändert wird.

Aufgrund einer Stellungnahme der Landeszentralbank unter dem Gesichtspunkt des § 3 WährG stellten die Vertragsparteien in einem notariellen Nachtrag folgende Auslegung klar: Eine Währungsveränderung oder eine wesentliche Änderung des allgemeinen Preisgefüges soll lediglich Voraussetzung sein für den Anspruch eines Vertragsteiles, eine Neufestsetzung der Miete oder des bei Ausübung des Ankaufsrechtes zu zahlenden Ankaufspreises zu verlangen, während der Inhalt der Leistung selbst, d. h. die Höhe der Miete oder des Ankaufspreises nach billigem Ermessen festgesetzt werden soll.

Im Jahre 1969 übten die Kläger und ihr Ehemann das Ankaufsrecht aus und erklärten sich bereit, unter Ausrichtung an der Steigerung des Lebenshaltungsindex 418761 DM zu bezahlen. Der Testamentsvollstrecker nach den Grundstückseigentümern verlangte unter Zugrundelegung eines Verkehrswerts des Grundstücks von 1 250 000 DM diesen Betrag.

LG und Oberlandesgericht gaben der Klage auf Auflassung Zug um Zug gegen Zahlung eines Ankaufspreises von 422163 DM statt. Die Revision der Beklagte führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Das Berufungsgericht hat als Bewertungsmaßstab für die Festsetzung nach billigem Ermessen ausschließlich auf den amtlichen Preisindex für Lebenshaltungskosten abgestellt, da die Änderungsklausel in dem Nachtrag als Ersatz für die ursprüngliche Wertsicherungsklausel gedacht gewesen sei, welche die Verkäufer vor einem Kaufkraftschwund habe schützen sollen; diesem Zweck trage der herangezogene Index in geeigneter Weise Rechnung, während die Preisentwicklung auf dem Grundstückssektor wegen der dortigen Preisexplosion für die Feststellung einer wesentlichen Änderung des allgemeinen Preisgefüges nicht geeignet sei.

Der V. Zivilsenat vermisste eine Auseinandersetzung des Berufungsgerichts, damit, dass in der ursprünglich vereinbarten Klausel als maßgebender Bestandteil des allgemeinen Preisgefüges ausdrücklich das Gebiet des Mietpreises bezeichnet worden war, sowie mit der inzwischen eingetretenen Verdreifachung des Verkehrswerts.

Allgemeine Bedeutung für die Neufestsetzung nach billigem Ermessen kommt den Hinweisen zu, die der BGH dem Berufungsgericht für die erneute Beurteilung gegeben hat.

Der V. Zivilsenat sieht keine grundsätzlichen Bedenken, im Rahmen einer Neufestsetzung des Ankaufspreises nach billigem Ermessen auch die allgemeine Entwicklung der Grundstückspreise und insbesondere den Verkehrswert des streitigen Grundstücks mit heranzuziehen. Gegenüber der Erhöhung von Erbbauzinsen erblickt der Senat einen grundlegenden Unterschied der Interessenlage darin, dass dort die Substanz dem Eigentümer verbleibe, während hier der gestiegene Wert des Grundstücks voll dem Käufer zukomme. Der Senat stellt weiter klar, dass er selbst bei einer Neufestsetzung von Erbbauzinsen - und zwar bis zum Inkrafttreten des § 9a ErbbauVO selbst dann, wenn es sich um Gebäude handelte, die Wohnzwecken dienten - nicht eine Mitberücksichtigung des Anstiegs der Grundstückspreise, sondern nur eine ausschließliche Orientierung an ihnen als unbillig angesehen habe. Ebenso hat der Senat, wie er hervorhebt, bei einer unmittelbar auf den Bodenwert abstellenden Klausel eine Ausrichtung allein an diesem Kriterium für unzulässig gehalten.

Auch eine Verbesserung der Geschäftslage des Grundstücks ist nach Ansicht des V. Zivilsenats bei der Grundstücksbewertung oder jedenfalls im Rahmen der Gesamtwürdigung zu berücksichtigen.

Abschließend weist der Senat darauf hin, dass das Bestimmungsrecht nach § 316I BGB nur im Zweifel dem Forderungsberechtigten zusteht; durch Auslegung sei zu ermitteln, ob nicht nach dem Parteiwillen diejenige Partei, die einen - vom Gegner bestrittenen - Anspruch zu haben glaube, den Anspruch gerichtlich geltend machen solle, damit die Leistung durch Urteil festgesetzt werde.

Bezüglich der Frage, ob im letzteren Falle wegen Verletzung vertraglicher Mitwirkungspflichten Ansprüche aus Schuldnerverzug entstehen können, verweist der Senat auf sein Urteil vom 24. 2. 1978, wo eine solche Möglichkeit bejaht wird.