Wasserversorgung

Zur Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Gemeinde verpflichtet ist, bei der durch einen Eigenbetrieb durchgeführten Wasserversorgung Großabnehmern Preisvergünstigungen einzuräumen.

Anmerkung: Die Wasserversorgung durch kommunale. Eigenbetriebe wirft die Frage auf, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Abnehmer mit erhöhtem Wasserbedarf einen Rechtsanspruch auf Einräumung eines Mengenrabatts haben. Im vorliegenden Fall, der dem VIII. Zivilsenat des BGH zur Entscheidung vorlag, hatte die beklagte Gemeinde im Rahmen ihrer privatrechtlich ausgestalteten Wasserversorgung früher den Wasserpreis nach Staffeltarifen berechnet und damit den Kläger mittleren Industriebetrieben - angesichts ihres erhöhten Wasserverbrauchs Preisvergünstigungen gegenüber Normalverbrauchern eingeräumt. Später hat die Gemeinde diese Staffeltarife durch einen einheitlichen Tarif abgelöst und nur für Großabnehmer mit erheblichem Wasserverbrauch - die Kläger blieben unter dieser Grenze, die nur von einem Industriebetrieb erreicht wurde - Sondervereinbarungen vorgesehen. Mit der Begründung, ihnen gegen- über sei der einheitliche Tarif überhöht, weil angesichts der von ihnen entnommenen Wassermenge hinsichtlich der sog. Vorhaltekosten eine erhebliche Kostendegression einsetze, haben die Kläger die Wiedereinführung eines Staffeltarifes, jedenfalls aber die Gleichstellung mit dem durch eine Sondervereinbarung bevorzugten Großabnehmer verlangt.

1. Nach Ansicht des VIII. Zivilsenats steht den Kläger ein Rechtsanspruch auf Berücksichtigung der Kostendegression nicht zu. Zwar ist eine Gemeinde bei Ausgestaltung der privatrechtlich abgeschlossenen Wasserlieferungsverträge verpflichtet, den Gleichheitsgrundsatz zu beachten; denn dadurch, dass sie sich im Rahmen der Daseinsvorsorge anstelle des Einsatzes öffentlichrechtlicher Mittel - etwa durch Lieferung aufgrund einer Satzung oder einer Anstaltsordnung - zulässigerweise privatrechtlicher Mittel bedient, kann sie sich der Grundrechtsbindung nicht entziehen. Ein solcher Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz liegt aber nur bei willkürlicher Ungleichbehandlung vor, - und an dieser Voraussetzung fehlte es hier schon deswegen, weil die Nichtgewährung von Preisvergünstigungen an gewerbliche Abnehmer zugleich dem rechtspolitischen Anliegen dient, für die Kleinabnehmer den Abnahmepreis in zumutbaren Grenzen zu halten. Im übrigen ist es - und dieser Gesichtspunkt steht hinter der Entscheidung - in erster Linie Sache der kommunalpolitisch verantwortlichen Stellen, für eine ausgewogen Tarifgestaltung zu sorgen.

2. Allerdings findet die weitgehend freie Stellung bei der Preisgestaltung dort ihre Grenze, wo bei Gemeinden in missbräuchlicher Ausnutzung ihrer - durch Anschlusszwang rechtlich begründeten oder auch nur faktischen Monopolstellung Preise verlangen, die zu der Gegenleistung in auffälligem Missverhältnis stehen; und in diesem Zusammenhang kann auch der Umstand Bedeutung gewinnen, dass für die Gemeinde - bei gleichem Wert der dargebrachten Leistung für Klein- und Großabnehmer - jedenfalls im Bereich der Wasserverteilung die Eigenaufwendungen geringer werden. Im vorliegenden Fall war allerdings diese Grenze eines sittenwidrigen Verhaltens schon nach dem eigenen Vorbringen der Kläger nicht überschritten.

3. Versuche von Gemeinden, die Tarifsysteme im Bereich der Daseins- vorsorge umzugestalten, stoßen zumeist auf Widerstand derjenigen Abnehmer, denen bisher Mengenrabatte eingeräumt waren und die sich in ihrem Bestreben, sich diese Vorteile zu erhalten, auf eine Ermessensbindung der Gemeinden berufen: Richtig ist allerdings, dass auch im Bereich der Daseinsvorsorge bei der Tarifgestaltung eine lange Zeit hindurch gehandhabte Praxis, auf die sich die Abnehmer wirtschaftlich eingestellt haben, für die Befugnis zur Änderung des Tarifsystems von Bedeutung werden kann. Der BGH weist jedoch darauf hin, dass an das Vorliegen einer derartigen Ermessensbindung strenge Anforderungen zu stellen sind und sich aus einer früher gehandhabten Praxis allein noch keine derartigen Beschränkungen herleiten lassen Andernfalls wäre es den Gemeinden, denen der Gesetzgeber bei der Betriebsführung ihrer Eigenbetriebe nicht nur Kostendeckung, sondern in gewissem Umfang auch Rentabilität vorschreibt nahezu unmöglich, sich einer veränderten Kostenlage anzupassen und damit auch für die Kleinabnehmer sozialpolitisch vertretbare Abnehmerpreise sicherzustellen.