Werbeanlagen

Die bauplanungsrechtliche Einordnung von Werbeanlagen als bauliche Anlagen bereitet seit Inkrafttreten des BBauG erhebliche Schwierigkeiten und ist immer noch nicht abschließend geklärt, obwohl diese Frage große praktische Bedeutung hat. Werden Werbeanlagen nämlich nicht als bauliche Anlagen im Sinn des § 29 Satz 1 angesehen, dann finden §§ 30 ff auf sie keine Anwendung, so dass die baurechtliche Zulässigkeit derartiger Anlagen in der Regel nur durch das bauordnungsrechtliche Verunstaltungsverbot eingeschränkt wird. Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans kann allerdings auch eine Werbeanlage, die keine bauliche Anlage im Sinn des § 29 ist, nicht zulässig sein, wenn sie mit dem Gebietscharakter nicht zu vereinbaren ist. In der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte hat sich überwiegend die Ansicht durchgesetzt, dass nur Werbeanlagen, die selbst unmittelbar mit dem Erdboden verbunden sind, als bauliche Anlagen im Sinn des § 29 Satz 1 anzusehen sind, während Werbeanlagen, die an anderen Bauwerken oder sonstigen Anlagen befestigt sind, keine baulichen Anlagen darstellen. Der BayVGH hat allerdings im Gegensatz zu der oben zitierten Rechtsprechung eine an einer Brücke angebrachte Werbetafel als bauliche Anlage qualifiziert eine an einer Hauswand befestigte Werbetafel. Das OVG Hamburg bewertete eine solche Werbetafel zwar nicht selbst als bauliche Anlage, unterwarf das Anbringen der Tafel aber als Änderung einer baulichen Anlage der Regelung der §§ 30 ff; damit übereinstimmend sah das OVG Münster ein Steckschild als Bauteil an. Das BVerwG hat in früheren Entscheidungen ebenfalls die Ansicht vertreten, eine Werbeanlage sei nur dann eine bauliche Anlage, wenn sie unmittelbar mit dem Erdboden verbunden sei; dagegen sei eine an eine Hauswand angebrachte Werbeanlage keine bauliche Anlage. In einer späteren Entscheidung hat das BVerwG demgegenüber ausgeführt: Würde die von der Klägerin beabsichtigte Werbeanlage auf dem Erdboden verankert werden, so könnte kein begründeter Zweifel bestehen, dass es sich um eine bauliche Anlage handelt. Die Beurteilung kann sich nicht ändern, wenn eine solche Anlage statt auf dem Erdboden auf dem Flachdach eines Gebäudes angebracht werden soll und dort bei der gebotenen planungsrechtlichen Betrachtungsweise mindestens von gleicher, wenn nicht größerer Bedeutung ist. Gleichlautende Ausführungen finden sich auch im Beschluss vom 2.3. 1968 - IV B. Dieser Rechtsprechung des BVerwG hat sich nunmehr für den Anwendungsbereich des § 29 der 5. Senat des VGH BaWü angeschlossen, während er für den bauordnungsrechtlichen Begriff der baulichen Anlage daran festhält, dass nur unmittelbar mit dem Erdboden verbundene Werbeanlagen bauliche Anlagen sind. Es kann keinen Unterschied machen, ob die Verbindung mit dem Erdboden durch eine eigens dafür hergestellte Konstruktion geschaffen oder durch ein Gebäude vermittelt wird; denn es ist planungsrechtlich unerheblich, ob eine Werbetafel auf eigenen Pfählen vor einem Gebäude aufgestellt oder in gleicher Höhe unmittelbar an dem Gebäude befestigt ist. Die Anbringungsart kann nicht dafür entscheidend sein, ob die Werbetafel dem mit dem materiellen Planungsrecht verfolgten Zweck unterliegt oder nicht. Darum sind Werbeanlagen und ebenso Warenautomaten als bauliche Anlagen i. S. vom § 29 anzusehen, gleichgültig ob sie an Hauswänden, Einfriedigungen, auf dem Dach oder an Masten, Geländer usw. angebracht sind.

Auch wenn es somit für die Frage, ob eine Werbeanlage eine bauliche Anlage ist, nicht auf die Art und Weise der Aufstellung bzw. Anbringung ankommen kann, werden nicht alle Werbeanlagen von § 29 Satz 1 erfasst. Zunächst scheiden alle Werbemaßnahmen aus, die nicht aus Bauteilen oder Baustoffen hergestellt sind, z. B. Beschriftungen, Bemalungen, Fahnen oder Transparente. Nicht von Bedeutung ist dabei, ob für eine derartige Werbung nach dem Bauordnungsrecht eine Baugenehmigung erforderlich ist. Das gleiche gilt für nur kurzfristig, z. B. nur für bestimmte Veranstaltungen angebrachte Werbeanlagen; hier fehlt es am Merkmal der Dauer. Außerdem fallen nur solche Werbeanlagen unter § 29 Satz 1, die bau-planungsrechtlich relevant sind. Sendler hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die bauplanungsrechtliche Relevanz einer Werbeanlage vor allem aus ihrer Größe ergibt, er spricht von einem Umschlag der Quantität der Werbeanlage in die Qualität einer baulichen Anlage. Daraus folgt aber umgekehrt, dass bei geringer Quantität der Werbeanlage die Qualität als bauliche Anlage entfallen kann. Es lässt sich zum Beispiel nicht ernsthaft behaupten, ein Hinweisschild auf eine Arzt- oder Rechtsanwaltspraxis könne städtebauliche Belange berühren, während dies bei einer Großflächenwerbetafel von üblicherweise ca. 10 m2 Größe offensichtlich ist. Allerdings lässt sich nur schwer eine exakte Angabe dazu machen, von welcher Größe an Werbeanlagen planungsrechtlich relevant und damit als bauliche Anlagen im Sinn des § 29 Satz 1 anzusehen sind. Jedenfalls bei Werbeanlagen von mehr als 1 m2 Größe wird die planungsrechtliche Relevanz regelmäßig zu bejahen sein.