Widerspruchsbehörde

Über die Versagung des Einvernehmens kann sich auch die Widerspruchsbehörde nicht hinwegsetzen. Zwar dient das Widerspruchsverfahren als Vorverfahren vor dem gerichtlichen Verfahren auch der Rechtskontrolle; es soll die Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sichern und der Verwaltung im Wege der Selbstkontrolle ermöglichen, Vorstöße gegen das materielle Recht zu korrigieren und damit Verwaltungsstreitverfahren zu vermeiden. Solche weitgehenden Befugnisse verleihen die der Widerspruchsbehörde nicht. Dies. ergibt sich aus den §§ 72 und 73 VwGO. Danach hilft die Widerspruchsbehörde dem Widerspruch ab, wenn sie ihn für begründet hält, d. h., wenn sie die - wie hier rechtlich gebundene - Entscheidung der Erstbehörde für rechtswidrig hält. Durfte die Erstbehörde nicht anders als geschehen entscheiden, weil die zur Mitwirkung berufene andere Behörde ihr Einvernehmen versagt hat, dann darf die Widerspruchsbehörde nicht abhelfen, es sei denn, ihr ist durch Vorschriften des anzuwendenden materiellen Rechts und seiner Zuständigkeitsvorschriften eine weitergehende Befugnis zur Entscheidung in der Sache eingeräumt. § 36 Abs 1 BBauG eröffnet aber keine solche - weitergehende - Kompetenz der Widerspruchsbehörde. Dies folgt schon daraus, dass der Gemeinde nur ein Mitwirkungsrecht; aber nicht die abschließende Entscheidung übertragen ist. Eine im letzteren Fall dennoch nicht zugelassene Ausnahme beeinträchtigt die gemeindliche Planungshoheit nicht. Es gelten auch insoweit hier die gleichen Grundsätze. Hinzu kommt, dass die Baugenehmigungsbehörde unabhängig davon, ob die materiellen Voraussetzungen des Abs. 2 Satz 1 vorliegen, die Genehmigung eines Vorhabens auch aus anderen Gründen versagen kann.

Zuständiges Organ der Gemeinde - Welches Organ der Gemeinde deren Einvernehmen gegenüber der Baugenehmigungsbehörde zu erklären hat, ergibt sich aus dem jeweiligen Landesrecht. Das Bundesrecht hat insoweit keine Regelungen getroffen. Ihm hätte ohnehin, soweit im BauGB der Begriff Gemeinde verwendet worden ist, die Kompetenz gefehlt, das für einzelne Verfahrensabschnitte zuständige Organ zu bestimmen

Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde - Zur Frage, ob es auch dann der förmlichen Einvernehmenserklärung bedarf; wenn Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde identisch sind, hat sich das bisherige Schrifttum, soweit darin überhaupt hierauf eingegangen worden ist, im Hinblick auf die gleiche Rechtslage wie in § 36 mit Verweisungen auf die von ihm dort vertretenen Auffassungen begnügt. Nach der Rechtsprechung des BVerwG, der das Schrifttum teilweise gefolgt ist, entfällt die Erklärung des Einvernehmens nach § 36, wenn die Gemeinde selbst für die Erteilung des Einvernehmens zuständig ist. Dem BVerwG ist darin zuzustimmen, dass ein Bedürfnis für die Einführung eines Verfahrens zur gemeinde-internen Abstimmung zwischen verschiedenen Behörden der Gemeinde für den Bundesgesetzgeber nicht bestand; das BVerwG hätte insoweit noch hinzufügen können, dass dem Bundesgesetzgeber, soweit in Abs. 2 Satz 2 der Begriff Gemeinde verwendet worden ist, die Regelungskompetenz gefehlt hätte, das für die Beteiligung oder für einzelne Verfahrensabschnitte zuständige Organ zu bestimmen. Es ist nicht eine Frage des Bauplanungsrechts, sondern des Kommunalrechts, ob und inwieweit innerhalb der Gemeinde verschiedene Organe zu beteiligen sind. Die Länder können jedoch insoweit nicht gleichsam beliebig die Anwendung von Bundesrecht dadurch ausschalten, dass sie Entscheidungen i. S. von Abs. 2 vom Einvernehmen der Gemeinde als Selbstverwaltungskörperschaft freistellen und auf die Gemeinde als Weisungsbehörde beschränken. Dass der Bundesgesetzgeber in Abs. 2 Satz 2, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, alle denkbaren Fälle einer Ausnahmezulassung und hierzu notwendigen Einvernehmenserklärung erfassen wollte und erfasst hat, bestätigt im übrigen auch der Wortlaut der Vorschrift, der ebenso wie der die Planungshoheit gewährleistende § 2 Abs. 1 von der Gemeinde schlechthin spricht. Somit ist dann, wenn nach dem jeweiligen Kommunalrecht für die Erklärung des Einvernehmens jeweils andere Organe zuständig sind als für die Entscheidung über Ausnahmen, ein gemeindeinternes Zusammenwirken beider Organe nicht nur denkbar, sondern erforderlich. Will bei Identität von Gemeinde und Baugenehmigungsbehörde letztere im übertragenen Wirkungskreis - und insoweit nicht im Bereich der Selbstverwaltung der Gemeinde - die Zulassung einer Ausnahme wegen Verweigerung des Einvernehmens durch das für die Planungshoheit und deren Gewährleistung allein zuständige Organ versagen, muss sie darum, wenn auch bundesrechtlich keine bestimmte Form für die Erklärung des Einvernehmens vorgesehen ist, dennoch im Ablehnungsbescheid zum Ausdruck bringen, dass der Entscheidung die Willensentschließung der Gemeinde als Trägerin der Planungshoheit und somit die eines selbständigen Willensträgers zugrunde liegt.