Wohnhaus beschädigt

Wird ein Wohnhaus durch unerlaubte Handlungen beschädigt, so liegt in der vorübergehenden Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit jedenfalls dann kein ersatzfähiger Vermögensschaden, wenn der Hauseigentümer - sei es auch unter fühlbaren Erschwernissen - Teile seiner Wohnung weiter benutzt.

Anmerkung: Die Eigentümerin zweier durch unerlaubte Sprengarbeiten beschädigten Häuser verlangte u. a. Ersatz entgangener Einnahmen aus der Vermietung von Wohnräumen, die z.T. nicht den bauordnungsrechtlichen Vorschriften über die Mindesthöhe von Wohnräumen entsprachen. In diesem Zusammenhang war die Frage zu entscheiden, ob und inwieweit die Rechtsordnung einem Geschädigten auf dem Umweg über einen Schadensersatzanspruch Vermögensvorteile aus verbotswidrigen Verträgen zusprechen darf. Der Senat übernahm die Wertung des § 134 BGB in den § 252 BGB: Der Geschädigte solle durch den sekundären Leistungsanspruch nicht mehr - aber auch nicht weniger - erhalten, als ihm die Rechtsordnung durch den primären Leistungsanspruch zugestanden hätte. Verlangt der Sinn und Zweck des verletzten Verbotsgesetzes die Nichtigkeit des unerlaubten Vertrages, so darf diese rechtliche Bewertung auch nicht auf der Ebene des Schadensersatzes unterlaufen werden; führt der Gesetzesverstoß dagegen nicht zur Nichtigkeit des den Primäranspruch begründenden Rechtsgeschäfts, so kann der Gläubiger gemäß § 252 BGB den daraus entgangenen Gewinn ersetzt verlangen. Im entschiedenen Falle bejahte der Senat die Wirksamkeit der Mietverträge und daher auch den Anspruch auf Ersatz der ausgefallenen Mieteinnahmen.

Die Hauseigentümerin verlangte außerdem Ersatz des Nutzungsausfallschadens der von ihr selbst benutzten Wohnung. Sie hatte jedoch, obwohl wegen Einsturzgefahr die sofortige vollständige Räumung des Hauses angeordnet worden war, Teile ihrer Wohnung im Erdgeschoß weiter benutzt und war im übrigen auf Räume im Kellergeschoß ausgewichen; für jene Räume hat ihr das Berufsgericht auch Ersatz des Mietausfalls zugesprochen.

Das Berufsgericht hat dem Grunde nach einen ersatzfähigen Nutzungsausfallschaden bejaht und zur Begründung auf die Rechtsprechung des BGH zum Schadensersatz für entgehende Gebrauchsvorteile eines Kraftfahrzeuges Bezug genommen. Über jene Rechtsprechung hinausgehend hat es die Ansicht vertreten, ein ersatzfähiger Ausfall eigener Nutzungen werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Kläger in dem Hause wohnen geblieben sei, denn die Entbehrungen an Komfort und Sicherheit seien als fühlbare und deshalb auch vermögenswerte Beeinträchtigung ihres Nutzungsrechts als Hauseigentümerin anzusehen.

Im Gegensatz dazu hat der Senat einen ersatzfähigen Vermögensschaden verneint. Er bekannte sich im Ausgangspunkt zur Differenzhypothese als Kriterium eines Vermögensschadens, hielt jedoch eine wertende Ergebniskontrolle unter dem Gesichtspunkt für zulässig und geboten, ob nicht aus gewichtigen Gründen ein Vermögensschaden ausnahmsweise auch ohne eine Vermögensdifferenz anzunehmen sei. Derartige Gründe verneinte er für die von ihm beurteilte Fallgestaltung.

Der V. Zivilsenat wendete sich gegen einen allgemeinen Satz des Inhalts, dass bei Eingriffen in Ausschließlichkeitsrechte eine Schadensberechnung auf hypothetischer Grundlage möglich ist, auch wenn sich beim Verletzten eine konkrete Vermögensminderung nicht feststellen lässt: Lediglich auf dem Sondergebiet des gewerblichen Rechtsschutzes werde dem in seinen Rechten Verletzten gestattet, anstelle des entgangenen Gewinns die Herausgabe des vom Verletzer erzielten Gewinns oder eine fiktive Lizenzgebühr zu verlangen. Diese auf speziellen Sachgründen beruhende Sonderregelung ziele weniger darauf ab, Einbußen des Verletzten auszugleichen als vielmehr unrechtmäßige Gewinne des Verletzers abzuschöpfen und umzuverteilen. Diesen Gedanken hielt der Senat im entschiedenen Falle nicht für tragfähig: Es sei abwegig, etwa anzunehmen, dass die vorherige Anmietung sprengungsgefährdeter Häuser der übliche Weg sei, um den vorübergehenden Entzug oder die Beeinträchtigung der Gebrauchsmöglichkeit eines Hauses rechtmäßig zu machen, und dass die Beklagten daher eine fiktive Miete entrichten müssten, damit sie nicht besser dastünden, als wenn sie jenen üblichen Weg beschritten hätten.

Im Rahmen dieser Anmerkung darf erwähnt werden, dass nach den tragenden Erwägungen des Senats offen bleibt, ob die Sonderrechtsprechung zur dreifachen Schadensberechnung im gewerblichen Rechtsschutz nicht vielleicht doch insoweit auf Eigentumsverletzungen übertragen werden darf, als es uni die Abschöpfung rechtswidriger Gewinne geht.

Als ebenfalls nicht tragfähig betrachtete der V. Senat den vom Berufsgericht versuchten Brückenschlag zur Rechtsprechung über den Ersatz entgehender Gebrauchsvorteile von Kraftfahrzeugen. Insoweit hielt er an seinen schon in BGHZ 66, 277 geäußerten Bedenken fest. Ergänzend führte er aus, dass die Kommerzialisierung eines Gutes jedenfalls für sich allein nicht ausreiche, um dessen Beeinträchtigung als Vermögensschaden auszuweisen; hierfür bedürfe es vielmehr jeweils zusätzlicher Sachgründe. Derartige Gründe vermisste der Senat jedenfalls für den - hier gegebenen - Fall einer bloßen Gebrauchsbeeinträchtigung. Er verwies darauf, dass selbst nach der Rechtsprechung zum Nutzungsausfall eines Kraftfahrzeugs dem Eigentümer keine abstrakte Nutzungsentschädigung zusteht, wenn er den Wagen nicht reparieren lässt, sondern ihn - dies wäre die Parallele zum hier entschiedenen Fall - unter Erschwernissen weiter benutzt.

c) Durch die Bezugnahme auf BGHZ 66, 277 hat der Senat seine Bedenken wiederholt, ob der Kommerzialisierungsgedanke überhaupt ein taugliches Mittel zur Abgrenzung von Vermögens- und Nichtvermögensschäden biete. In dieser Schlüsselfrage scheiden sich noch immer die Geister. Wollte man wirklich jedes Gut, das erkaufte werden kann, als Vermögensgut ansehen und seine partielle oder totale Einbuße als Vermögensschaden bewerten, so müsste dies ins Uferlose führen, da heutzutage Genussmöglichkeiten fast unbegrenzt erkauft werden können. Für Nichtvermögensschäden bliebe dann praktisch kein Raum mehr, obwohl § 253 BGB die Möglichkeit ihrer Entstehung voraussetzt.

Dieses Bedenken wird zwar abgeschwächt, wenn man darauf abstellt, ob Angebot und Nachfrage bezüglich des jeweiligen Gutes bereits so weit standardisiert sind, dass sich bereits ein anerkannter Maßstab zur geldmäßigen Bemessung heraus gebildet hat. Auf den ersten Blick scheint es, als vereinfache sich damit die Schadensberechnung, was immerhin als Indiz für einen Vermögensschaden angesehen werden könnte. Dieser Schein trügt m. E. jedoch. Der Marktpreis bildet sich nämlich auf einer Kalkulationsbasis, welche die allgemeinen Betriebskosten, das Betriebsrisiko und vor allem auch einen Unternehmergewinn einbezieht. Das Prinzip der Gewinnabwehr im Schadensrecht verbietet es, den privaten Geschädigten so zu stellen, als hätte er den - tatsächlich von ihm selbst in Anspruch genommenen - Gebrauchsvorteil gewerblich zur Erzielung von Gewinnen genutzt; er darf einen Ausgleich nur für die tatsächliche Einbuße erhalten. Wie neuerdings Köndgen überzeugend dargetan hat, beruht die schadensrechtliche Konzeption des BGB auf einer unterschiedlichen Bewertung und Behandlung des produktiv genutzten Vermögens einerseits und des konsumtiv genutzten andererseits. Schon dieser grundsätzliche Einwand rückt den am marktökonomischen Schadensbegriff orientierten Kommerzialisierungsgedanken ins Zwielicht. Der Einwand lässt sich im Ansatz auch nicht durch die bekannten Abzüge vom Marktpreis entkräften. Zudem sind auch die mit ihnen verbundenen praktischen Schwierigkeiten beträchtlich und sollten zur Vorsicht mahnen. Sie haben auf dem Kraftfahrzeugsektor dazu geführt, dass die Entschädigung nur noch auf einen maßvollen Aufschlag zu den anteiligen Vorhaltekosten hinausläuft. Eine Übertragung jener Rechtsprechung auf den Grundstücksmarkt müsste zu noch größeren praktischen Schwierigkeiten führen, weil Hausgrundstücke in der Regel so viele individuelle Merkmale tragen, dass ihr - vom Vermietergewinn usw. bereinigter - Nutzungswert sich längst nicht in dem Maße wie bei Kraftfahrzeugen typisieren und tabellarisch erfassen lässt.

Ob nach alledem beim gegenwärtigen Stande unseres Schadensrechts der Kommerzialisierungsgedanke wirklich noch unersetzbar ist, ist zu bezweifeln. Wer diesen Zweifeln Raum gibt, braucht den Geschädigten darum noch nicht leer ausgehen zu lassen. Mindestens die fortlaufenden Generalunkosten, die erforderlich sind, um das kommerzialisierte Gut nach der Wiederherstellung alsbald benutzen zu können, ließen sich wohl auch als Herstellungsaufwand i. S. d. § 249 S. 2 BGB begreifen und damit als ersatzfähig ausweisen. Damit dürfte eine - auch wirtschaftlich vernünftige - Mittellösung zur Verfügung stehen, die sich im Übrigen im Ergebnis nicht wesentlich von derjenigen unterscheidet, die auf dem Kraftfahrzeugsektor bereits praktiziert wird. Im vorstehend referierten Fall stand dieser Ausweg nach dem Klagebegehren und seiner Substantiierung allerdings nicht zur Verfügung. Auch in BGHZ 71 hat der Senat zu dieser Lösungsmöglichkeit, welche die Untiefen des Begriffs des Vermögensschadens umschifft, nicht Stellung genommen.