Wohnnutzung

Diese gebietstypische Auslegung des §3 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BauGB MaßnahmenG dürfte auch für den Fall des § 34 Abs. 1 gelten. Es reicht nicht aus, dass sich eine Wohnnutzung lediglich in den Bebauungszusammenhang einfügt. Diese Voraussetzung kann ein Wohngebäude auch in einem diffus bebauten Ortsteil, in dem die Wohnnutzung untergeordnet ist, erfüllen. Der systematische Zusammenhang des in Abs. 1 Satz 1 2. Alt. genannten § 34 mit den §§ 30 und 33 legt vielmehr nahe, dass zumindest in der näheren Umgebung des vorzukaufenden Grundstücks die Wohnnutzung vorherrschen muss. Es wäre auch nicht einzusehen, dass im Fall des §30 z.B. in einem festgesetzten Mischgebiet das Vorkaufsrecht für ein mit einem Wohngebäude bebaubares Grundstück ausgeschlossen ist, während es in einem Gebiet nach §34 bei einer sich gegenseitig vielleicht sogar noch stärker störenden Mischbebauung nur deswegen bestehen soll, weil sich das Grundstück in eine vorhandene, jedoch untergeordnete Wohnbebauung einfügt und daher ein Wohngebäude genehmigungsfähig ist. Für eine rein gebietsbezogene Auslegung des Maßnahmevorkaufsrechts spricht auch dessen Entstehungsgeschichte: Die Ursprungsfassung des §3 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG sah das Vorkaufsrecht nur für im Flächennutzungsplan als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellte Außenbereichsflächen vor. Der Gesetzgeber ging davon aus, dass solche Flächen alsbald durch Aufstellung von Bebauungsplänen in Wohnbaugebiete umgesetzt würden. Der Regierungsentwurf zum WoBauLG erweiterte das Vorkaufsrecht auf Gebiete im Bereich eines Bebauungsplans. Die Bundesregierung folgte sodann dem Vorschlag des Bundesrats, wegen der Gleichrangigkeit der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitstatbestände das Vorkaufsrecht auf die §§ 33 und 34 auszudehnen, weil damit die im Regierungsentwurf enthaltene Regelung präzisiert werde. § 34 muss also im Systemzusammenhang mit den §§30 und 33 gesehen werden. Dort löst aber nur die vorwiegende Wohnnutzung in einem bestimmten Gebiet das Vorkaufsrecht aus. Die Entwicklung des Maßnahmenvorkaufsrechts macht gleichzeitig deutlich, dass es dem Gesetzgeber trotz des Ziels, den Wohnungsbau zu fördern, nicht darum ging, das Vorkaufsrecht zur Schaffung von Wohnraum schlechthin, also für jede Wohnbebauung, einzusetzen, sondern nur in Gebieten, in denen nach den Entwicklungsvorstellungen der Gemeinde oder nach der vorhandenen Bebauung im Rahmen der städtebaulichen Ordnung der Wohnungsbau ausschließlich oder wenigstens vorwiegend in Betracht kommt. Auch das Gebot der Rechtsklarheit für die vom Vorkaufsrecht Betroffenen erfordert eine gebietstypische Auslegung des §3 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. Der private Grundstücksverkehr muss aus objektiven, leicht feststellbaren Umständen erkennen können, wann ein Grundstück dem Vorkaufsrecht unterliegt. Ob sich eine Wohnbebauung nach § 34 Abs. 1 in den Bebauungszusammenhang einfügt, ist eine oft recht schwierige Einzelfallentscheidung, die für die Vertragsparteien schwer voraussehbar ist. Der Charakter eines vorwiegend von einer Wohnbebauung geprägten Gebiets dürfte hingegen meist erkennbar sein. Das Sich einfügen kann allerdings im negativen Sinne für die Ausübung des Vorkaufsrechts von Bedeutung sein: Ist eine Wohnnutzung innerhalb eines gemischten, aber von vorwiegender Wohnbebauung geprägten Gebiets wegen der besonderen Lage des Grundstücks offenkundig nach § 34 Abs. 1 nicht genehmigungsfähig, so wäre die Ausübung des an Wohnzwecken orientierten Vorkaufsrechts nicht vom Allgemeinwohl gedeckt, wie überhaupt die Ausübung in allen Fällen des §3 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG voraussetzt, dass die Gemeinde beabsichtigt, das Grundstück dem Wohnungsbau zuzuführen.

Ist ein Grundstück - wie oben ausgeführt - gebietstypisch mit einem Wohngebäude bebaubar, entsteht das Vorkaufsrecht unabhängig davon, welche Gesichtspunkte für ein individuelles Wohnbauvorhaben rechtlich bedeutsam sein können.

Zum Begriff Wohngebäude. Das Vorkaufsrecht entsteht im Fall des § 30 BauGB mit Rechtsverbindlichkeit des Bebauungsplans, im Fall des § 34 BauGB, sofern eine Satzung nach § 34 Abs. 4 erlassen wird, mit deren Inkrafttreten, im übrigen ab dem Zeitpunkt, in dem das Grundstück Teil eines Bebauungszusammenhangs ist, der vorwiegend durch Wohnbebauung geprägt ist. Das Problem, feststellen zu müssen, ab wann diese Voraussetzung gegeben ist, wird nur selten auftreten, da in den meisten Fällen dieser Zeitpunkt vor dem Inkrafttreten der neuen Vorkaufsrechtsbestimmung liegen dürfte, so dass insoweit das Vorkaufsrecht wohl in der Regel am 1.5. 1993 entstanden ist.

Aus dem Gesetz geht nicht eindeutig hervor, ob für das Entstehen des Vorkaufsrechts im Fall des § 33 BauGB bereits die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses nach § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB oder erst der Eintritt der Planreife maßgebend ist. Die schon aus Gründen der Systematik gebotene Unterscheidung zwischen Entstehung und Ausübung des Vorkaufsrechts ist notwendig, weil der Zeitpunkt des Entstehens von rechtlicher Bedeutung sein kann, wenn z. B. das Entstehen in die Zeit zwischen Abschluss und Genehmigung eines Kaufvertrages fällt oder die Entschädigungspflicht nach § 28 Abs. 6 festzustellen ist oder wenn die Vertragsparteien den Kaufvertrag wieder aufheben wollen. Für das Entstehen mit Bekanntmachung des Beschlusses spricht das Bedürfnis des privaten Grundstücksverkehrs nach Rechtssicherheit. Vertragsparteien haben eine berechtigtes Interesse, vor ihrer Entscheidung über einen Grundstückskauf an Hand offenkundiger Kriterien feststellen zu können, ob ein Vorkaufsrecht besteht. Bei den übrigen Vorkaufsrechten lässt sich diese Erkenntnis aus bekannt gemachten Satzungen oder Beschlüssen oder aus äußeren Umständen gewinnen. Die Planreife eines Bauleitplans ist hingegen nicht ohne weiteres nach außen erkennbar, da ihr Eintritt von internen Vorgängen der Gemeinde abhängt, deren Abschluss in den einzelnen Fällen unterschiedlich sein kann. Auch zeigt ein Rückblick auf den früheren § 24 Abs. 1 Nr. 2 BBauG 1976, dass bereits damals die Planreife von der Rechtssprechung und der h. M. als Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts betrachtet wurde. War der Aufstellungsbeschluss bereits vor Inkrafttreten der Novelle 1993 bekannt gemacht, so entstand das Vorkaufsrecht am 1.5. 1993.

Das Vorkaufsrecht im Bereich eines Beschlusses zur Aufstellung, Änderung oder Ergänzung eines Flächennutzungsplans. Der durch das WoBauLG am 1.5. 1993 eingefügte Tatbestand war im Gesetzgebungsverfahren umstritten. Im Planungsrecht wurde damit erstmals die Planreife eines Flächennutzungsplans definiert und ein daran anknüpfender Eingriffstatbestand geschaffen. Die Planreife eines Bauleitplans war bisher nur für Bebauungspläne in § 33 und in § 8 Abs. 3 Satz 2 BauGB geregelt. Die Erweiterung des Vorkaufsrechts auf planreife Flächennutzungspläne soll nach Ansicht des Bundesrates den Gemeinden den Zugriff auf künftiges Bauland zu einem Zeitpunkt erleichtern, in welchem die Bauerwartung und damit der Verkehrswert noch relativ niedrig liegen. Dies sei - so der Bundesrat - insbesondere angesichts des in den Ballungsräumen sehr hohen Preisniveaus schon für Bauerwartungsland geboten. Das Vorkaufsrecht entsteht - wie im Fall des § 33 nach der zweiten Alternative des Abs. 1 Satz 1 - mit der ortsüblichen Bekanntmachung des Beschlusses über die Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Flächennutzungsplans gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 BauGB, nicht erst mit der Planreife. Es erfasst nur unbebaute Grundstücke, die im Planentwurf als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt sind. Die Formulierung solche Nutzung in Abs. 1 Satz 2 bezieht sich nicht etwa auf den vorhergehenden zweiten Satzteil des Satzes 1, sondern auf die Nutzung im ersten Satzteil. Abs. 1 Satz 2 stellt von der Systematik her einen Unterfall der ersten Alternative des Satzes 1 dar. War der Beschluss bereits vor dem 1.5. 1993 bekannt gemacht, entstand das Vorkaufsrecht am 1.5.1993.

Das Vorkaufsrecht kann ausgeübt werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet darstellen wird. Diese Formulierung lehnt sich an die des § 33 Abs. 1 Nr. 2 BauGB an, so dass die in Rechtsprechung und Literatur zu § 33 BauGB entwickelten Grundsätze heranzuziehen sind, soweit sie auf den Anwendungsbereich des Abs. 1 Satz 2 passen. Die Ausübung des Vorkaufsrechts setzt daher voraus, dass der Planungsstand einen hinreichend sicheren Schluss auf das Zustandekommen des dem Entwurf entsprechenden Flächennutzungsplans zulässt. Dazu muss regelmäßig die öffentliche Auslegung nach § 3 Abs. 2 und 3 BauGB sowie die Anhörung der Träger öffentlicher Belange nach § 4 Abs. 1 BauGB abgeschlossen sein. Ausnahmsweise kann die Planreife entsprechend § 33 Abs. 2 BauGB schon vor der öffentlichen Auslegung und Beteiligung der Träger öffentlicher Belange gegeben sein, wenn die von der Planung betroffenen Bürger und berührten Träger öffentlicher Belange Gelegenheit zur Stellungnahme hatten. In jedem Fall muss die Gemeinde eine abschließende Würdigung vorgebrachter Anregungen und Bedenken mit dem Ergebnis vorgenommen haben, dass keine ernsthaften Zweifel an der künftigen Darstellung des Flächennutzungsplans bestehen. Dazu gehört auch, dass das bisherige Verfahren fehlerfrei war und der Planinhalt nicht von der Rechtsaufsichtsbehörde beanstandet wurde. Zum Wohl der Allgemeinheit als Voraussetzung für die Ausübung des Vorkaufsrechts.