Zahlungseinstellung

Mit Recht hebt das Berufsgericht schließlich hervor, dass die Zahlungseinstellung nach außen durch die vorzeitige Schließung des Geschäfts sowie die unkontrollierte und überstürzte Ablieferung des ungezählten Bestandes der Tageskassen kundgegeben worden ist. Ob die Kunden im Supermarkt und Angestellte der Beklagten die Zahlungseinstellung tatsächlich erkannt haben, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen. Sie ist jedenfalls nach der unangreifbaren Würdigung des Tatrichters durch schlüssiges Verhalten des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin und ihrer Angestellten der späteren Anfechtungsgegnerin am Abend des 25. 9. 1980 kundgemacht worden. Das reicht aus. Der BGH hat entschieden, dass es zur Annahme einer Zahlungseinstellung genügen kann, wenn sie allein dem Gläubiger gegenüber erkennbar wurde, der nunmehr Anfechtungsgegner ist.

Aus welchen Gründen der Geschäftsführer V die Schließung des Supermarkts anordnete und das Bargeld aus den Kassen überstürzt zur Filiale der Beklagten bringen ließ, etwa weil die Großgläubigerin am Morgen des 25. 9. 1980 die Überlassung der Tageseinnahmen verlangt hatte, wie die Streithelfer nunmehr behaupten, oder weil die Großgläubigerin eine weitere Lieferung mit Waren verweigerte, wie der Geschäftsführer V den Angestellten erklärt haben will, oder weil er der Sequestration im Interesse der Bürgen zuvorkommen wollte, ist entgegen der Ansicht der Revision unerheblich. Auf das Verhalten des späteren Gemeinschuldners, nicht auf seine Vorstellungen und Motive, kommt es an. Entscheidend ist, dass die Handlungsweise des Geschäftsführers und der weisungsgebundenen Angestellten unabhängig von seinen Beweggründen und seinem Wollen auf die Zahlungseinstellung hindeutete und vom Tatrichter als ein objektives Anzeichen dafür gewertet worden ist. Danach ist von der Zahlungseinstellung am 25. 9. 1980 gegen 17.30 Uhr auszugehen.

Der Berufungsrichter nimmt an, dass die Beklagten durch Rechtshandlungen der Gemeinschuldnerin und Dritter eine der Konkursgläubiger benachteiligende Befriedigung erlangt habe, die mit den Gutschriften der Bareinzahlung sowie des Gegenwerts der beiden Schecks und der Überweisungsbeträge auf dem Debetkonto am 26. 9. 1980 eingetreten sei. Dementsprechend stellt der Tatrichter für die Frage der Kenntnis von der Zahlungseinstellung auf den Zeitpunkt der Gutschriften ab.

Das ist jedoch nur richtig, soweit die Beklagten am 26. 9. 1980 die Überweisungsbeträge von 1321,74 DM und den Gegenwert der Forderungen aus den beiden eingereichten Schecks von 7534,82 DM, dem Debetkonto am 26. 9. 980 gut gebracht hat. Damit wurde um die 8856,56 DM die Schuld der Gemeinschuldnerin nach der am 25. 9. 1980 erfolgten Zahlungseinstellung verringert und die spätere Konkursmasse zum Nachteil der Konkursgläubiger verkürzt.

Das Bargeld, das Angestellte der Gemeinschuldnerin auf Weisung ihres Geschäftsführers V am 25. 9. 1980 gegen 17.30 Uhr dem Kassierer M und etwas später dem Geldzähler 0 in der Filiale der Beklagten überbrachten, ging sofort in das Eigentum der Beklagten über. Die Angestellten der Gemeinschuldnerin übermittelten als Boten die Willenserklärung des Geschäftsführers, das Geld der Bank zu übereignen, und übergaben es dem Kassierer und dem Geldzähler. Beide waren unstreitig ermächtigt, für die Bank die eingezahlten Barbeträge in Empfang zu nehmen und die zum Eigentumserwerb erforderlichen Erklärungen abzugeben. Das haben sie auch getan. Ihre Erklärungen sind den Angestellten der Gemeinschuldnerin als Empfangsboten oder Vertretern i. S. des § 164 III BGB zugegangen und damit wirksam geworden. Eine Anweisung, dass das Bargeld anders als zur Deckung der Schulden der Gemeinschuldnerin verwendet werden sollte, war der Bank nicht gegeben worden. Ob der Erwerb des Eigentums an dem Bargeld bereits die Schulden gegenüber der Beklagten um 55865 DM gemindert oder nur eine Möglichkeit der Verrechnung der in dieser Höhe entstandenen Forderung der Gemeinschuldnerin mit ihrem Schuldsaldo auf dem Girokonto geschaffen hat, kann offen bleiben. Die Übertragung des Eigentums an dem Bargeld auf die Beklagten, also ein Rechtsgeschäft der Gemeinschuldnerin, hat bereits die Konkursgläubiger unmittelbar benachteiligt. Zudem hat die Beklagten als Konkursgläubigerin durch den Erwerb des Bargelds von der späteren Gemeinschuldnerin entweder eine Teilbefriedigung ihrer Forderung aus dem Girokonto oder mit der Verrechnungsmöglichkeit eine Teilsicherung dieser Forderung erlangt. Die Gutschriftsbuchung am folgenden Tag hatte nur noch deklaratorische Bedeutung. Andererseits waren der schuldtilgende oder forderungsbegründende Erwerb des Eigentums an dem Bargeld erst nach dessen Zählung und Feststellung des gut zubringenden Betrags vollendet. Danach kommt auch eine Anfechtung dieses Rechtsgeschäfts gemäß § 30 Nr. 1, 1. oder 2. Alt. KO in Betracht.

Zahlungseinstellung erlangt habe, der Beklagten nach § 166 BGB zuzurechnen sei, auch soweit die Gutschrift der Überweisungsbeträge und des Gegenwerts der beiden Schecks am nächsten Tage eine Schuld der Gemeinschuldnerin getilgt habe. Sonst käme es allein auf die Kenntnis des Vorstands an. Dem Vorstand einer bundesweit tätigen Bank sei es von vornherein unmöglich, von Einzelheiten der Geschäftsbeziehungen des Unternehmens im Zeitpunkt des Geschehens Kenntnis zu nehmen. Ein umfangreicher Geschäftsbetrieb könne nur mit Hilfskräften mit unterschiedlich weit reichenden Befugnissen aufrecht erhalten werden. Dem sei bei der Auslegung des § 166 BGB insofern Rechnung zu tragen, als dem Geschäftsherrn die Kenntnis der Bevollmächtigung nach Maßgabe seiner Befugnisse zugerechnet werden müsse. Der Kassierer sei befugt gewesen, Bargelder endgültig für die Beklagten Bank in Empfang zu nehmen. Dies habe zum Kernbereich seiner Aufgaben gehört. Kenntnisse des Kassierers, die den Zahlungsvorgang nach § 30 Nr. 1, 2. Alt. KO anfechtbar machen könnten, seien unmittelbar der Beklagten zuzurechnen. Diese Auffassung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

Es entspricht allgemeiner Meinung, dass die Kenntnis eines Mitglieds des Organs einer juristischen Person von der Zahlungseinstellung oder Konkurseröffnung genügt, auch wenn es das angefochtene Geschäft nicht abgeschlossen hat. Ist die benachteiligende Rechtshandlung von einem Vertreter des Erwerbers vorgenommen worden, so kommt es für die Kenntnis der Zahlungseinstellung auf die Person des Vertreters an. Das ergibt sich unmittelbar aus § 166 I BGB, soweit der Vertreter rechtsgeschäftliche Willenserklärungen abgegeben hat, die zum Abschluss des angefochtenen Rechtsgeschäfts notwendig waren. Als Vertreter der Beklagten AG waren für die in der Filiale abzuwickelnden Bankgeschäfte der Filialdirektor und der Prokurist bestellt. Ihre Unkenntnis bis zum 30. 9. 1980 bezweifelt der Tatrichter offenbar nicht. Seinen Erwägungen und dem unstreitigen Sachverhalt ist aber zu entnehmen, dass sie den Kassierer M unterbevollmächtigt hatten, an ihrer Statt für die Beklagten Bargeld als Besitzdiener an sich zu nehmen und die zum Eigentumserwerb erforderlichen Willenserklärungen abzugeben. Danach muss sich die Beklagten die positive Kenntnis ihres insoweit vertretungsberechtigten Kassierers nach § 166 I BGB zurechnen lassen, wenn dieser Angestellte bei dem angefochtenen Erwerb des Geldes für die Beklagten von der Zahlungseinstellung durch die Angestellten der Gemeinschuldnerin erfahren hatte.