Zweckentfremdung

Zur Auslegung einer Klausel, in der vereinbart ist, dem Mieter werde das Recht zur Untervermietung eingeräumt, eine Zweckentfremdung der Räume sei aber nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Vermieters gestattet.

Zur Frage, ob der Vermieter von Gewerberaum den Mieter, dem er einen weitgehenden Konkurrenzschutz einräumt, bei Abschluss des Vertrages auf das Bestehen eines mit einem anderen Mieter vereinbarten gleichartigen Konkurrenzschutzes hinweisen muss.

Zum Sachverhalt: Durch Vertrag vom 7. 5. 1973 vermietete der Kläger der Beklagte Räume in einem noch zu errichtenden Haus zum Betrieb einer Apotheke. Der Mietvertrag wurde auf die Dauer von 15 Jahren abgeschlossen. Der Mietzins betrug 1977,50 DM zuzüglich Mehrwertsteuer und Nebenkosten. § 6 und 7 des Mietvertrages lauten:

§ 6 Konkurrenzklausel: Der Vermieter verpflichtet sich, während der Mietdauer im Umkreis von 500 m kein weiteres Anwesen an ein Unternehmen zu vermieten oder selbst zu führen, das den Vertrieb von Waren zum Gegenstand hat, die vom Mieter geführt werden.

§ 7 Untervermietung: Dem Mieter wird das Recht der Untervermietung - auch der teilweisen - eingeräumt. Eine Zweckentfremdung der Räume - auch teilweise - ist nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Vermieters gestattet.

Die Beklagte bezog das Mietobjekt zum 1. 12. 1974. Im August 1977 verlegte sie den Betrieb ihrer Apotheke in ein 100 m entferntes Gebäude, in dem sich außerdem zwei Ärzte und ein Zahnarzt niedergelassen hatten. Ihrem Wunsch nach einvernehmlicher Auflösung des Mietvertrags kam der Kläger nicht nach. Die beabsichtigte Untervermietung an zwei Interessentinnen, die ein Blumengeschäft betreiben wollten und nach Behauptung der Beklagte bereit waren, an sie zumindest ab November 1977 denselben Mietzins wie zwischen ihr und dem Kläger vereinbart zu zahlen, scheiterte, weil der Kläger die Zustimmung versagte. Hierbei berief er sich auf den Konkurrenzschutz, den er der Firma G, die auf dem ihm gehörenden Nachbargrundstück einen Lebensmittelmarkt betrieb, zugesagt hatte. Der mit diesem Unternehmen am 2. 4. 1971 abgeschlossene Mietvertrag enthielt folgende Klausel: Der Vermieter verpflichtet sich, während der ganzen Mietdauer im Kreis von 900 m Entfernung vom Mietgrundstück kein Geschäft oder sonstiges Unternehmen selbst zu führen oder führen zu lassen, das den Vertrieb, den Groß- und Kleinhandel von Artikeln zum Gegenstand hat, die vom Mieter geführt werden. Die Firma G führt auch Schnittblumen und Topfpflanzen; der Umsatzanteil dieser Artikel beträgt 1,27%. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 4. 10. 1977 das Mietverhältnis zum 31. 12. 1977. In einem weiteren Schreiben ihres Anwalts vom 25. 10. 1977 ließ sie das Mietverhältnis fristlos wegen arglistiger Täuschung kündigen. Seit November 1977 zahlt sie keinen Mietzins mehr. Der Kläger vermietete ab 1. 4. 1980 die früheren Apothekenräume an den Inhaber einer Tanzschule zu einem monatlichen Mietzins von 1800 DM zuzüglich Mehrwertsteuer, ohne seinerseits den Mietvertrag mit der Beklagte gekündigt zu haben. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Zahlung des offen stehenden Mietzinses in Anspruch.

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung des Mietzinses für die Monate November und Dezember 1977 verurteilt, im Übrigen die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren beantragte der Kläger, die Beklagte zur Zahlung des Mietzinses für die Zeit bis 31. 3. 1980 zu verurteilen, ferner festzustellen, dass sie verpflichtet sei, ihm den Mietzinsausfall für die Zeit vom 1.4. 1980 bis zum 30. 11. 1989 zu ersetzen. Mit ihrer Anschlussberufung wandte sich die Beklagte gegen die Verurteilung zur Zahlung des Mietzinses für die Monate November und Dezember 1977, wobei sie ihre im ersten Rechtszug erklärte hilfsweise Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen wegen Verweigerung der Zustimmung zur Untervermietung wiederholte. Das Oberlandesgericht hat unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsmittel beider Parteien die Beklagte zur Zahlung des Mietzinses für die Monate November 1977 bis März 1980 verurteilt und die begehrte Feststellung ausgesprochen. Die Revision der Beklagte hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht lässt die von der Beklagte erklärte Anfechtung des Mietvertrages wegen arglistiger Täuschung nicht durchgreifen. Es hält ein arglistiges Verhalten des Klägers nicht für erwiesen. Diese Würdigung, welche die Revision hinnimmt, lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen.

Das Berufungsgericht hält sowohl die außerordentliche Kündigung der Beklagte vom 25. 10. 1977 als auch ihre ordentliche Kündigung vom 4. 10. 1977 für unbegründet. Hiergegen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

Das Berufungsgericht meint, die Parteien hätten in § 7 des Mietvertrages für den hier anzunehmenden Fall einer mit der Untervermietung beabsichtigten Zweckentfremdung der Räume eine Rechtsfolgenregelung nicht getroffen. Es nimmt mit dem Landgericht an, der Vermieter dürfe nach der Klausel die Genehmigung nicht willkürlich versagen, sondern müsse seine Entscheidung hierüber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben ausrichten. Danach entfalle das Kündigungsrecht dann, wenn in der Person des Dritten ein wichtiger Grund vorliege. Hier sei die Versagung der Zustimmung gerechtfertigt gewesen, weil der mit der Firma G vereinbarte Konkurrenzschutz auch den Verkauf von Nebenartikeln umfasse, hierzu auch Blumen gehörten und der Kläger daher bei der Genehmigung der Untervermietung gegenüber der Firma G eine Vertragsverletzung begangen hätte.

Ob das angefochtene Urteil mit dieser Begründung gehalten werden könnte, ob insbesondere der mit einem Dritten vereinbarte weitgehende Konkurrenzschutz einen wichtigen Grund i. S. des § 549 I 2 BGB darstellt, wie das Berufungsgericht angenommen hat, kann offen bleiben. Denn die von den Parteien vereinbarte Untermietklausel schließt ein Kündigungsrecht der Beklagte deshalb aus, weil sie für den hier anzunehmenden Fall der Zweckentfremdung die Zustimmung zur Untervermietung dem freien, nur durch § 242 BGB begrenzten Ermessen des Klägers überlassen hat. So hat das Landgericht die Klausel ausgelegt und diese Auslegung hat das Berufungsgericht ausdrücklich übernommen.